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Italie n. 
Ancona. Sie besteht nur aus einem einzigen Berge und ei¬ 
nigen umliegenden Hügeln. Ein Einsiedler des 6ten Jahr¬ 
hunderts, der heilige Marinus, soll auf dem Berge seine Ein¬ 
siedelei gehabt haben. Seine Heiligkeit machte, daß Viele 
herbeiströmten, und sich in seiner Nahe ansiedelten. So ent¬ 
stand der auf dem Berge liegende Ort, ein kleines Städtchen, 
mit krummen und steilen Gassen, die so eng sind, daß kaum 
drei Menschen neben einander gehen können. Das Merkwür¬ 
digste ist, daß der kleine Staat sich bei allen Stürmen so 
vieler Jahrhunderte erhalten hat, wahrend rings herum die 
größeren Staaten große Veränderungen erlitten. Aber eben 
wegen seiner Kleinheit ist er Keinem gefährlich, und reizt auch 
die Habsucht der Eroberer nicht. Die Negierung wird von 
zwei Consuln geführt, die alle 6 Monate durch andere ersetzt 
werden. Nach ihnen hat die höchste Würde der Richter; dann 
folgt der Arzt, und auf diesen der Geistliche. 
Jetzt kehren wir nach Nom zurück und treten unsere 
Reise nach Neapel an. Es ist die unsicherste Reise in ganz 
Italien, wegen der Räubereien, die auf diefer Straße an den 
Reifenden oft verübt werden. Denn theils kann sich das 
Raubgesindel in dem Schilfe der pontinischen Sümpfe, durch 
welche die Straße führt, leicht verbergen, und den Reisenden 
auflauern, theils bietet ihnen die Gränze der beiden Länder 
einen leichten Zufluchtsort dar. Man denke sich die ponti- 
nisehen Sümpfe nicht als einen öden, mit Wasser und 
Schilf bedeckten Landstrich; im Gegentheil erscheinen sie als 
freundliche, lustige Wiesen, die hier mit Bäumen, dort mit 
Schilf bewachsen sind. Aber man traue ihnen nicht; denn 
unter der grünen Decke sind hier und da wirklich Sümpfe, 
welche die giftigste Luft aushauchen; doch sind auch schon ein¬ 
zelne Striche ausgetrocknet, und hier weiden große Heerden von 
Büffeln und Pferden. Die herrliche Straße ist mit Bäumen 
eingefaßt; die Luft und der Sumpf wimmelt von Tausenden 
von Wasscrvögeln aller Art, und diese geben der sonst todten 
Gegend allein einiges Leben. Die Luft weht den Reisenden
	        
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