Das Königreich Neapel. 
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hinauf; in diese grüne Wildniß hinein zog sich ein Strom alter 
Lava; aber die holde Nalur hatte die Spuren der Verwüstung halb 
schon überschleiert. Der Somma, dieser Zwillingsbruder des Ve¬ 
suvs, ist bis zu seiner Spitze hinauf mit schönem Grün bekleidet; 
nur die Seite, die er seinem unähnlichen Nachbar zukehrt, ist ver¬ 
brannt und dürr. Schon beim Eremiten wurden Fackeln ange/ 
zündet, welche der weiten Gegend umher eine magische Beleuch¬ 
tung verliehen. Der ganze Zug, 30 Personen stark, würde das 
Ansehen eines schauerlichen Geistcraufzuges gehabt haben, wenn 
nicht Scherz und Gelachter diese Täuschung zerstört hätten; aber 
vor dem unterirdischen Donner verstummte der jauchzende Muth¬ 
wille, und der schweigende Geisterzug war auf einige Minuten 
wieder hergestellt. Es war ein süßes Grausen, welches tief in 
die Empfindung eingriff, und die phanlasievollen Erwartungen 
behorchten den vom unterirdischen Donner erschütterten Boden; 
immer lauter tobte unter unsern Füßen die verborgene Wuth, im¬ 
mer fühlbarer bebte der Berg! Wir hatten noch ein weites 
grauenvolles Lavafcld zu durchwandern. Seltsame Gruppen von 
in einander geschobenen Lavagestalten starrten, wie finstere Ge¬ 
spenster der Mitternacht, von allen Seiten uns an; und so ge/ 
langten wir zum Fuße des Aschenkegels." 
„Hier verließen wir unsere Esel, und die Gesellschaft, theils 
zu Fuß, theils auf Tragscffeln, klimmte und kroch den Aschenberg 
hinauf. Trotz der unendlichen Beschwerlichkeit des Steigens ver¬ 
stummten Scherz und Fröhlichkeit nie ganz; sie wurden auch hier 
nur durch das dumpfe Donnern und das schreiende Sausen des 
Berges in lauschende Stille verwandelt. Drei Viertelstunden 
brauchten wir, um uns durch den Aschensand, wo jeder Schritt 
tief einsank, und oft wieder zurückgleitete, zum Gipfel hinaufzuar¬ 
beiten. Endlich erreichten wir mühselig den Rand des Cratcrs. 
Welch ein Anblick! Welches Erstaunen voll Grauen und Entzü¬ 
cken bestürmte die Phantasie! Niemand fühlte den ermüdeten Kör¬ 
per; aber ein widriger Wind wehte uns ungeheure Wolken von 
Schwefeldampf entgegen, durch welche die rothe Gluth ohne be¬ 
stimmte Form hervorschimmerte. Der erstickende Dampf trieb 
uns auf die entgegengesetzte Seite des Berges hin; hier bestiegen 
»vir den Craterrand, und sahen in den Feuerschlund hinab, an 
dessen östlicher Seite die Gluth hervordrang. Ueber diesen Schlund 
hat sich eine rauhe Lavadecke gelegt, an welcher Hügel an Hügel 
emporstarrt; und kleine bläuliche Flammen zuckten dazwischen aus 
dem Boden hervor. Mitten unter diesen schwarzen Gruppen er¬ 
hebt sich hoch hervorragend ein Doppelhügel von Lava und Asche; 
aus diesem schossen mit Donnergeprassel und heulendem Gesäuse 
wechselnd 2 Feuersäulen auf. Die eine war von der andern sehr 
verschieden; diese warf glühende Steine und Blitze umher; jene 
stieg mit schneidendem Geschrei, wie eine gelblich klare Flamme
	        
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