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das Ende ihres Schaffens gefunden? Fallet nieder vor dem, der die
Haare auf eurem Haupte gezählt hat und die zahllosen Welten im
unbegrenzten All dahin rollen läßt!
Die Milchstraße. Außerdem daß die Sterne in verschiedenen
Entfernungen von uns stehen, kann es auch Niemandem entgehen, daß
sie nicht gleichmäßig am Himmel erscheinen. Hier stehen sie dün¬
ner , dort dichter bei einander. Namentlich finden wir sie gedrängt
bei einander in einem lichten Streifen, der sich über den ganzen Him¬
mel hinweg zieht und den wir die Milchstraße nennen. Dieser lichte
Streifen ist nichts anderes als der Schimmer von Millionen Sternen.
In Fernrohren werden die einzelnen Sterne zum Theil wenigstens
sichtbar. Man glaubt, daß die Sterne der Milchstraße einen zusam¬
mengehörigen Sternhaufen, den man ein Milchstraßensystem nennt,
im Weltall bilden. Auch unsere Sonne und alle die Sterne, die
wir sonst noch am Himmel erblicken, gehören zu diesem Milchstraßen¬
systeme. Man denke sich den Raum, in tvelchem alle unsere Sterne stehen,
in Gestalt einer Linse, wie Fig. 16 zeigt. Befindet sich nun unsere Sonne,
Fig. 14. und wir mit ihr ziemlich in der Mitte der Linse, so
müssen uns nach den Flächen der Linse zu gesehen, nach
2 und b, die Sterne vereinzelt stehend erscheinen. Sieht
man dagegen nach den Kanten der Linse, nach o und
d, wo eine viel größere Anzahl Sterne hinter einander
steht, so haben wir eben die Erscheinung, welche uns die
Milchstraße gewährt. Ein Bild von diesem Anblicke
der Sterne kann man sich auch machen, wenn inan sich
in ein Wäldchen versetzt, dessen Bäume auf eine Fläche gestellt
sind, wie der obige Durchschnitt der Linse zeigt. Nach
a und b werden wir durch die Bäume hindurch noch
das Freie erblicken, nach e und d verschließen uns die
Bäume den Durchblick, ebenso wie der milchweiße Schimmer
der Milchstraße unsere Aussicht in den Weltraum begrenzt.
Man vergesse nicht, daß die obige Figur nur den Durchschnitt einer
Linse darstellt, daß man sich aber eine völlige Linse vorstellen muß.
Wenn wir uns unter freiem Himmel in die Richtung der Milchstraße
stellen, so geht unser Blick rechts und links nach den Flächen der
Linse, welche der ganze Raum des Milchstraßensystems darstellt. Die
Milchstraße selbst bezeichnet die Kante dieser Linse.
Ob nun diese Millionen Sterne, oder wie wir auch sagen könn¬
ten, die Millionen Sonnen unsres Milchstraßensystems alle still stehen,
oder ob sie sich vielleicht auch bewegen, wie die Planeten sich um eine
Sonne bewegen? Ucbcrall in der Natur zeigt sich Leben und Be¬
wegung, sollte gerade hier ein ewiger Stillstand herrschen? Wäre es
nicht möglich, daß sich alle die Sonnen in kreisähnlichen Bahnen
ebenfalls um einen Mittelpunkt bewegten, den man, wenn es vielleicht
gerade ein Weltkörper wäre, die Central sonne nennen könnte? Bei
unsrer Sonne haben die Astronomen allerdings nach den sichersten Be¬
obachtungen eine Bewegung wahrgenommen und zwar eine Bewegung,
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