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Pracht bei und stolz wallte der Purpurmantel von seiner Schulter
herab. Plötzlich aber, während Aller Augen auf die Spiele gerichtet
waren, sprengten auf einen Wink die Krieger auseinander und rissen
die erwählten Frauen und Mädchen von der Seite ihrer Männer und
Liebhaber. Was sollten sie machen? Sie waren ohne Waffen, und
bestürzt durch das unerwartete Ereigniß kehrten sie nach Hause zurück,
die Götter um Nache anflehend und selbst darauf sinnend. Dieses
nennt man den Raub der Sabinerinnen, weil die Mehrzahl der Jung¬
frauen aus diesem Lande war. (s. Abb. 17.)
Bald zogen die Vejenter und Sabiner heran, um für die zugefügte
Beleidigung Genugthuung zu holen. Doch die Ersteren waren bald
besiegt, Nomulus erlegte ihren König mit eigener Hand und trug seine
Waffen selbst nach Nom, um sie dem Jupiter zu weihen. Den
Sabinern aber, die sich der Stadt näherten, kam eine Jungfrau ent¬
gegen, die von der Burg herabgekommen war, um Wasser zum Opfer
zu holen. Sie hieß Tarpeja und ihrem Vater war der Auftrag
geworden, die Veste zu vertheidigen. König Tatiuö versprach ihr,
was sie sich wählen würde, zum Geschenk, wenn sie seine Soldaten
auf die Burg bringe. Als sie sich nun das ausbat, was sie an ihrer
Linken hätten, sie meinte nämlich damit ihre Ringe und Armbänder,
so gab der schlaue Feldherr seine Einwilligung, führte seine Leute
hinauf und ließ die Tarpeja mit einer Menge von Schilden bedecken,
die sie ja gleichfalls in der linken Hand trügen! So starb sie, ein
Opfer ihrer aus Eitelkeit begangenen Verrätherei. Auf dem Platze des
nachherigen Forums zwischen dem capitolinischen und Palatinischen
Hügel kam es zur Schlacht. Die Römer wichen und schon jubelten
die Sabiner über den glücklichen Erfolg ihres Kampfes mit den treu¬
losen Gastfreunden, als Romuluö, die Hände zum Himmel empor¬
hebend und dem fluchthemmenden Jupiter einen Tempel gelobend, seine
Schaaren zum Stehen brachte. Bereits wurde das Gefecht erneuert;
allein mit fliegenden Haaren stürzten sich die geraubten Sabinerinnen
mitten unter die Kämpfenden und baten und flehten, die Waffen ruhen
zu lassen. Es wurde Friede geschlossen und die Sabiner vereinigten
sich mit den Römern zu Einem Volke, den capitolinischen und quirina-
lischen Hügel einnehmend.
Romulus wählte nun hundert angesehene und erfahrene Männer,
welche den Senat oder Reichsrath bildeten, der später noch um zwei¬
hundert vermehrt wurde. Sie hießen Patres, oder Väter und die von
ihnen abstammten, Patricier, im Gegensatz von Plebejer, der Volksklasse
Angehörige. Das ganze Volk wurde in drei Zünfte, Tribus, getheilt,