Full text: Allgemeiner Theil (1)

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war, ein Gefiedel, Gestüte, Geblase, Gepauke — man hätte mögen von 
Sinnen kommen. — Meine Frau hat dabei im Krankenbette was Rechts 
gelitten. Sie nahm es dem Herrn nicht so sehr übel, als der Madame, daß 
man so gar keine Rücksicht hatte, und so schnell nach ihrer Krankheit ein 
solches Spektakel ansteng. Sie konnte seitdem die Frau nicht mehr ansehen. — 
Es war auch wirklich recht gottlos. 
Herbst. Freilich; die paar Wochen über hätte man sich schon ein 
wenig still halten können. Aber ob denn die Wirthschaft nicht bald wieder 
angehen wird? 
Specht. Damit hat's denn wohl so seinen Haken. 
Herbst. Wie so? Der Mann ist doch lange genug unter der Erde. 
Die große Trauer ist aus. 
Specht. Das wohl ; aber (den Daumen ein paar Mal über den Zeigefinger schie¬ 
bend und die Achsel zuckend) — wo einmal das fehlt, mein lieber Herr Doktor- 
Herbst. Ja, das ist wahr, da fehlt alles. — Und ausgeräumt mag die 
Frau unter den Beuteln des alten Schwiegervaters ein wenig haben; das 
will ich glauben. 
Specht. Ein wenig? Hehehe! 
Herbst. Aber wenn nur noch etwas, auch nur noch ganz wenig da ist, 
ein kleines, unbedeutendes Restchen; — solche Menschen, die einmal in der 
Jugend nicht rechnen gelernt haben, sind wie vom Bösen besessen. Sie haben 
nicht eher Ruhe noch Rast, als bis sie Alles, schlechterdings Alles, auch den 
letzten Pfennig, durchgebracht haben. Erst müssen die Gerichtssiegel an Kisten 
und Kasten kleben, eher ist kein Aufhörens bei ihnen. 
Specht. Ja das kann auch hier noch so kommen. Ich widerspreche keinen 
Augenblick, mein Herr Doktor. (Stark setzt sich indessen im Rücken Specht's auf 
seinen Sorgenstuhl.) 
Herbst. Eins wußt' ich nur für mein Leben gern: nicht, wer von beiden 
Theilen allein und arlsschließend — denn daß beide nicht viel getaugt haben, 
ist mir gewiß —; aber wer Wohl so am meisten und vorzüglich an dem ewigen 
Schmausen und Tanzen und Tollen in dem Hause Schuld gewesen ist: ob 
die Frau oder der Mann? 
Specht. Die Frau! die Frau, mein lieber Herr Doktor. 
Herbst. Doch! — Sie sind freilich der nächste Nachbar; Sie können 
das wissen. 
Specht. So wie die Frau nur den Fuß ins Haus setzte, ging's los. 
Herbst. Ja, das sagt man. — Aber ich habe neulich ein paar recht 
wackre Männer über die Frage streiten hören, und da meinte der eine: dieser 
Umstand beweise wenig, beweise nichts; es sei ganz und gar nicht die Frau, 
sondern — was ich nun freilich für übertrieben halte — einzig und allein 
der Mann gewesen, der allen den Unfug getrieben. 
Specht. Ach! wer das auch mag gesagt haben, mein liebwerthester 
Herr Doktor, — mit aller Hochachtung von ihm gesprochen — 
Stark. Nehm' Er sich in Acht! Red' Er nicht allzuviel!
	        
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