fullscreen: Lehrbuch der Geographie für die mittleren und oberen Klassen höherer Bildungsanstalten sowie zum Selbststudium

§. 19. 1 Die Niederschläge. 65 
ablaufende courant ascendant die Oberfläche der Erde in verhältnis¬ 
mäßig höheren Breiten; die Alpen, Deutschland und das nördliche 
Europa haben dann ihre Regenzeit: sie liegen innerhalb der Zone des 
vorherrschenden Sommerregens. So hat z. B. Hannover im Winter 
(December bis Februar) 4", im Frühling 5", im Sommer 8", im Herbst 4" 
Regen. Ist aber der Gürtel tropischer Regen der Sonne folgend im 
December bis zum südlichen Wendekreis gelangt, dann kommt der Aequa- 
torialstrom und mit ihm die Regengüsse schon in niederen Breiten zum 
Boden: das südliche Italien und Nordafrika z. B. haben daher Winter¬ 
regen. So^ hat z. B. Algier im Winter 17", im Frühjahr 8", im 
Sommer y2", im Herbst 10" Regen. In den Ländern zwischen den 
Zonen des Sommer- und des Winterregens müssen, wie es die Ver¬ 
schiebung fordert, zwei Regenzeiten, nämlich im Frühjahr und im Herbst, 
eintreten. Dabei Pflegen aber die Herbstregen stärker zu sein als die 
Niederschläge des Frühjahrs. — Auf die Größe und Heftigkeit der 
Niederschläge hat die Natur des Bodens großen Einfluß. Wo Wald¬ 
bedeckung vorherrscht, treten häufigere aber unbedeutendere Niederschläge 
ein. Wo man die Wälder ausgerottet hat, werden die Güsse seltner, 
dann aber auch heftiger; daher die furchtbaren Überschwemmungen der 
Flüsse Frankreichs in diesem Jahrhundert, seitdem das Land seit 100 
Jahren 2/3 seines Waldbestandes verloren hat. 
Der Inbegriff aller der eben besprochenen Erscheinungen macht das 
aus, was man als das Klima eines Ortes bezeichnet. Da aber die 
Wärme dabei der wichtigste Factor ist, so unterscheidet man hauptsächlich 
danach die verschiedenen Klimate und schreibt heißes Klima den Ländern 
zu, deren Mitteltemperatur mehr als 22° R beträgt; zwischen 22» und 
14« liegen die Länder mit warmem Klima, zwischen 14» und 10» 
die mit mildem Klima, zwischen 10» und 5» die mit gemäßigtem 
Klima; zwischen 5» und 0» spricht man von kaltem Klima, unter 
0° haben die Länder mit eisigem Klima. 
Der Magnetismus der Erde, wahrscheinlich durch die Ein- 8 
Wirkung der Sonne in ihr hervorgerufen, zeigt sich in dreierlei Weise. Erstens 
durch die Stärke seiner Einwirkung auf eine schwingende Magnetnadel. Sie 
ist im Allgemeinen am Aequator am schwächsten. Zweitens durch die Richtung 
gegen den Horizont, welche er der Magnetnadel ertheilt. Man bezeichnet den 
Winkel, welchen die Magnetnadel mit dem Meridian des Beobachtungsortes 
macht, als Declination derselben. Weicht das bei uns nach nördlichen 
Richtungen zeigende Ende der Magnetnadel westlich ab, so bezeichnet man dies 
als positive Declination, weicht es östlich ab, so spricht man von nega¬ 
tiver Declination. In Wien beträgt sie gegenwärtig etwa 4- ir>» in 
Archangel 0», in Reikiawig -j- 43», auf Vancouver — 22». Linien, weicht 
bie Orte gleicher Declination verbinden, heißen Jsogonen. Die Declination 
e.nes bestimmten Ortes ändert sich im Laufe der Jahre: in Paris betrug die¬ 
selbe 1580: — 10», im Jahre 1663: 0°, 1825: -j- 22» 17'; jetzt geht sie 
wieder nach Norden zurück. Den ersten Gebrauch von der Richtungskraft des 
Magneten machten schon in sehr frühen Zeiten die Chinesen; durch Vermittlung 
ber Araber wurde (ums Jahr 1100?) der Occident mit der Boussole bekannt. 
^!e Ungleichheit der Declination für verschiedene Punkte der Erde beobachtete 
Guthe, Schulgeographie. c
	        
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