B. II. A. 5. 6. Eduard Mörike. Friedrich Hebbel. 
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verdroß es mich immer, nicht irgendwie eine dauerhafte Inschrift anbringen zu 
können. Denn wie leicht könnte nach der unglaublichen Gleichgültigkeit, womit 
man die Sache bisher ignorierte, die Stelle ganz in Vergessenheit kommen! Nun 
geh ich neulich in der Morgensonne auf den Platz und sehe ein etwa vier Schuh 
hohes, sehr starkes steinernes Kreuz in einem Winkel lehnen, welches inzwischen bis s 
über die Arme in die Erde gesunken und soeben ausgegraben worden war, weil 
es dort hinderte. Soweit ich die Inschrift entziffern konnte, war es über 100 Jahre 
alt, wahrscheinlich für die Frau eines Geistlichen errichtet. Es hatte seine ursprüng¬ 
liche Bestimmung verloren, und ich beging somit keinen Raub, wenn ich ihm eine neue 
anwies. Nachdem ich Anzeige von meinem unschuldigen Vorhaben gemacht, welches io 
auch keinen Widerspruch erfuhr, ließ ich den altfränkischen Schild mit der Inschrift, 
so wie er über und unter den Achseln des Kreuzes herumging, sorgfältig weghauen, 
daß nur ein schlichtes, wohlgeformtes Kreuz von ziemlicher Höhe dastand, das ich 
sofort in meinen Garten in eine Laube bringen ließ, um ihm die zwei Worte 
„Schillers Mutter", womit es versehen werden sollte, noch eigenhändig einzugraben, ib 
Ich habe hierin einige Übung, und sind die Lettern, tief und scharf, Fraktur, auch 
so glücklich geraten, daß jeder Steinmetz mit Vergnügen sich zu dieser Arbeit be¬ 
kennen würde. Am Feiertag Johannis, den 24. Juni, nach der Morgenkirche 
wurde der Stein unter meinen Augen vom Maurer auf den Hügel gepflanzt, wo 
er sich nun sehr, stattlich und sauber im Schatten des Baumes ausnimmt, der 20 
seinerseits auch viel dadurch gewinnt. 
Daß mir kein Mensch einen Großbank dafür gibt, tut ihm nichts und macht 
mir die Sache nur um so eigner und lieber. 
Vier Jahre später wurde neben der Frau Major Schiller auch Mörikes Mutter be¬ 
stattet. Freunde „sorgten, daß die Gräber der beiden Dichtermütter in würdigem Zustand 35 
erhalten wurden, und der neue einfache Schmuck, der ihnen zuteil geworden war, ver¬ 
anlaßte am 9. Mai 1885 eine schlichte Feier auf dem Cleversulzbacher Friedhofe". 
R. Krauß, Ed. Mörikes sämtl. Werke (Hesse) I 181. 
6. Friedrich Hebbel (1813—1863). 
Gedichte (Gesamtausgabe). Herausg. von H. Krumm. Leipzig 0. I. Sämtl. Werke. 
Hist.-krit. Ausg. besorgt von R. M. Werner. Berlin 1894. 6. u. 7. Bd. 
a) 
1. An einen Freund (1845). 
Was dir Schlimmes oder Gutes 
auch das Leben bringen kann, 
nimmst du stets gelassnen Mutes 
und zufriednen Sinnes an. 
5 Nur das Ganze macht dir Sorgen, 
nur, was nie ein Mensch ermißt, 
ob ein Rätsel drin verborgen 
und ob dies zu lösen ist. 
Kann der Buchstab denn ergründen, 
10 was das Wort bedeuten soll? 
Wenn sich alle treu verbinden, 
lvird es ja von selber voll. 
Gedichte. 
Nimm die Traube wie die Beere, 
nimm das Leben wie den Tag! 
Was es auch zuletzt beschere, 15 
immer bleibt's ein Lustgelag! 
2. An die Jünglinge (1839). 
Trinkt des Weines dunkle Kraft, 
die euch durch die Seele fließt 
und zu heil'ger Rechenschaft 
sie im Innersten erschließt! 
Blickt hinab nun in den Grund, 5 
dem das Leben still entsteigt, 
forscht mit Ernst, ob es gesund 
jedem Höchsten sich verzweigt!
	        
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