120
Wenn man von Pillnitz, wo der Porsberg den Eingang znr
sächsischen Schweiz bewacht, über Lohmen und durch den Otto¬
wald er Grund mit seinen hundert Ellen hohen, schauerlichen,
überragenden Felsen auf den hohen Felsenvorsprung der Bastei
hinaustritt, da sieht das Auge, nach Osten gewendet, nur Berge
und Felsen, bald einzeln stehend, bald an einander gereihet, wie
Riesen vor den erstaunten Blicken. Von der Bastei steigt der Reisende
tief hinab in den Amselgrund, wo der brausende Amselfall
über eine hohe Felsengrotte hinabstürzt, und schreitet dann über die
Höhe dem umwaldeten Hochsteine zu. In eine schauerliche Tiefe
schaut das Auge hinunter zum tiefen Grunde, durch welchen der
Polenzbach bald sanft und leise, bald tosend und rauschend dahin¬
strömt. Durch eine Felsenschlucht führt der Weg auf Stiegen und
Leitern in den Grund hinab, dann steil hinauf nach Hohnstein
mit seinem halbzerfallenen Schlosse, und weiter den kahlen Felsen¬
platten des Brandes zu. Wie ein Silberfaden schlängelt sich die
Polenz im tiefen Wiesengrunde um den Fuß des Felsen, und rings¬
um bis an den fernen Horizont liegt die Schweizergegend ausge¬
breitet. Auf fast senkrechten Treppen und steilem Sandwege gelangt
man in die Tiefe des Thales, das immer freundlicher sich erweitert
und endlich zum Elbthale und dem nahen Schandau leitet. Durch
den frischen Waldesduft des romantischen Kirnitzschgrundes, von
Felsenwänden, die wie Riesenmauern sich aufthürmen, und dicht¬
bewaldeten Höhen begrenzt, wandert der Reisende am Wasserfalle
vorüber und dann auf Schlangenwegen hinauf zu dem mächtigen
Felsenthore des Kuhstalls. Musik begrüßt ihn, und durch Spal¬
ten und Höhlen umklettert er die hohen Felsenmassen. Jetzt führt
der Weg wieder hinab in das weite Waldthal und hoch hinauf
zum Winterhäuschen bis auf die höchste Spitze des Meißner
Schweizerlandes, den großen Winterberg. Weit schaut das
Auge hier hinein in das Sachsen- und Böhmenland, und überall
erheben sich waldige Bergreihen und Bergspitzen, und kahle Felsen¬
wände und Felsenkegel. Nach Süden zu begrenzt den Horizont der
riesengrabähnliche Schneeberg; weiter vor ibm stehen der große
und kleine Zschirnstein, und näher dem Äuge des Beschauers
die Kaiserkrone und der Zirkelstein. Mehr nach Westen ge¬
wendet, erblickt man die Kuppelberge, den Papststein, den
Pfaffenstein, den stark befestigten König stein uyd ihm gegen¬
über den Lilien stein, und seitwärts an ihm vorbeigeschaut in
nebliger Ferne den Spiegel der Elbe bei Pillnitz und die stolzen
Thürme von Dresden. Oestlich schaut man ins Lausitzer Gebirge
mit seiner höchsten Kuppe auf sächsischem Gebiete, der Lausche. —
Vom Winterberge geht's nach Böhmen hinein zum Prebisch-
thore, wo die Felsen eine hohe Brücke gebildet und in wunder¬
baren Gruppirungen sich gestaltet haben. Tief hinab steigt man