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gefesselt. Hier hört man alle Sprachen reden nnd man sieht die
Eingebornen aller Länder.
Doch wir gehen am Tower vorbei zu dem Werke, das die
Alten noch über die sieben Wunder der Welt gestellt haben würden.
Die vier Thürme des Tower schauen nicht vergebens so grau nnd
trübselig auf die Themse herab; viel Königs- und Adelsblnt ist
innerhalb des Towerbaues vergossen worden, itnb selbst die kind¬
liche Unschuld ward dort nicht verschont. Zugleich ist es die gro߬
artigste Waffenniederlage, die man wohl in der Welt finden mag,
nicht allein die Kanonen imb Waffen und Siegestrophäen jeder Art,
allen Völkern der Erde im blutigen Streite entrissen, schmücken die
langen Korridore und Säte, sondern es sind auch dort stets über
100,000 Gewehre aufgestellt, mit denen England die entlegensten
Völker der Erde gegen gute Bezahlung versieht. — Wir steigen
hinab in die Unterwelt. Küble Luft weht uns an, Nacht umgiebt
uns, sobald wir eintreten, bis unsere Augen an das Gaslicht ge¬
wöhnt, das die Unterwelt strahlend erleuchtet. Ein großartiges
Werk ist der Riesentunnel in der That. Die Schwierigkeiten,
die bei btefein Bauwerke zu überwinden waren, sind unglaublich
gewesen. Zweimal brach das Themsewasser ein, wobei man jedes¬
mal fürchtete, daß das Werk ausgegeben werden müßte. Acht Jahre
wurde daran gebaut, unb endlich am 25. März 1843 wurde das
Riesenwerk beendet. Die Kosten betrugen 446,000 Pfund Sterling.
Die Breite des ganzen Werkes beträgt 35 Fuß, die Höhe 20 Fuß,
die Dicke der Erde von der Höhe des Tunnels bis zum Wasser
der Themse 15—16 Fuß, die Breite eines jeden Bogens mit dem
Fußpfade ungefähr 14 Fuß. Allerdigs wird es uns schauerlich zu
Muthe, wenn wir in die dunkle Tiefe hinabsteigen, wo, wie in der
Unterwelt der Alten, Todtenstille herrscht, eine feuchte, dumpfe Luft
Einen anweht, wie vom Stvxe, und die herumwandelnden Gestalten
uns wesenlose Schatten dünken. Wir steigen auf dem rechten Themse¬
ufer zum Tageslichte auf der prachtvollen Stiege empor und freuen
uns, dasselbe zu erblicken.
Wir eilen nun in den Stadttbeil, wo die großartigsten Braue¬
reien der Welt zu finden sind. Nach London gekommen zu sein,
ohne eine Bierbrauerei gesehen zu haben, hieße so viel, als in Rom
gewesen zu sein und nicht den Papst gesehen zu haben. Einst fragte
der König einen der größten dieser Brau eigner, wie viel Fässer er
wobl habe? — »Die Zahl kann ick nicht angeben«, war die Ant¬
wort; »wollte ich sie aber der Länge nach dicht an einander
legen, so würden sie wohl von London bis Windsor (4 deutsche
Meilen) reichen.« Es giebt in England zwei Bierarten, die häufig
ins Ausland verschickt und in ungeheurer Menge sabricirt werden:
Porter (Pohrter) und Ale (Aehl), jenes ein starkes braunes,
dieses ein weißes Bier. Gegen die englischen Brauereien stehen