428 
Gesicht angenehm gerundet und von feinen: Schnitt. Man begegnet 
selbst in beii niedersten Ständen ausgezeichneten Schönheiten. 
Eüp Gang über den Quai ist für den Fremden von besonderem 
Interesse; stämmige Matrosen und stolze Hidalgos mischen sich im 
bunten Durcheinander mit Engländern, Franzosen, Jud^n und Ita¬ 
lienern. Drüben im Nordosten flattern über der Bucht im klaren 
Aether die Wimpel von mehren hundert Kauffahrteischiffen. Etwas 
abseits, an einer zeltartigen Schänkstätte, haben sich die Seeleute 
nur einige Musikanten, im Kostüme und Physiognomie ähnlich dem 
Pifferari der römischen Campagna, gesammelt. Die Musikanten spielen 
mit geringer Virtuosität einige aus der Siera Estrella stammende 
anziehende Melodien, und die Matrosen lauschen ihnen mit heiliger 
Andacht. — Ueberall drängt sich durch die Menge der Aguadore 
(Wasserverkäufer) mit dem immer wiederholten Rufe: »Gutes, frisches 
Wasser!« welches in der ganzen Stadt und Umgebung nicht zu 
haben ist, sondern meist aus dem an der spanischen Küste liegenden 
Städtchen Puerto de Santa Maria bezogen wird. Im Hintergründe 
sind gewaltige Stapel mit den Kostbarkeiten des spanischen Südens 
für nordische Gaumen, den edlen Weinen aus Andalusien und den 
goldnen Früchten aus den herrlichen, entzückenden, den reichsten 
Natursegen darbietenden Gefilden am Guadalquivir. Große Massen 
von duftenden Damasquinos, Kastanien, Johannisbrot, Safran, 
Kork, Seife und Soda, Wolle und Olivenöl werden auf die fremden 
Schiffe verladen. 
An der leonischen Küste, in unmittelbarer Nähe des Forts Santa 
Lorenzo, bereiten Fischer mit brauner Brust und fast schwarzen, 
starken Beinen sich zum Thunfischfange, welcher im ganzen Mittel¬ 
meere einen Hauptnahrungszweig der Küstenbevölkerung bildet, vor. 
Wir treten jedoch nun in die Stadt selbst ein. Sie ist zwar 
als Seefestung und wegen der nicht bedeutenden Breite der Insel 
eng gebaut, aber die Gebäude sind schön, für den Sommer und 
Winter doppelt eingerichtet, die Straßen reinlich, regelmäßig und 
gut gepflastert. Der Hauptspaziergang der Bewohner ist der Wall, 
von wo aus man die alte Kathedrale vor sich liegen sieht. Ein 
reicher botanischer Garten und nahe Weingärten verleihen dem Bilde 
der Stadt einen besonderen Reiz. Damit begnügen sich jedoch die 
vornehmen Cadixer nicht, sondern beziehen im Sommer herrliche 
Landhäuser auf den gegenüberliegenden Küsten, namentlich bei Chi- 
clona und dem Fort Santa Catalina. Diejenigen Bewohner, 
welche nicht zu den Auserwählten gehören, oder durch Geschäfte 
oder Gelvvhnheit auch im Sommer in Cadix zurückgehalten werden, 
besitzen außer den maurischen Patios (kühlen, mit Säulen umgebenen 
Höfen) kleine, im orientalischen Geschmack angelegte Gärten inner¬ 
halb der Bastionen. Darin lustwandeln am Abend unter Myrten, 
Mandelbäumen, Palmen und Rosensträuchern die schönen andalusischen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.