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Es ist ein eigenes Gewerbe, Confetti, d. h. entweder vom Zuckerbäcker ver-
fertigte erbsen- und bohnenförmige Körner oder aus Linsen, Erbsen und Thon¬
küchelchen bestehende und in Gypß getauchte Kügelchen, in großen Körben zum Ver¬
kauf mitten durch die Menge zu tragen. Mit diesen Körnern bewirft man sich
gegenseitig, desgleichen auch mit Blumen. Niemand ist vor einem Angriff sicher,
Jedermann ist im Vertheidigungszustande, und so entsteht aus Muthwillen oder
Nothwendigkeit bald hier, bald da ein Zweikampf, ein Scharmützel oder eine
Schlacht. Fußgänger. Kutschenfahrer, Zuschauer auö Fenstern, von Gerüsten
oder Stühlen greifen einander wechselsweise an und vertheidigen sich wechsels¬
weise. Nirgends aber wird dieser Streit ernstlicher und allgemeiner, als in der
Gegend des Palastes Ruspoli. Alle Masken, die sich dort niedergelassen haben,
sind mit Körbchen. Säckchen zusammengebundenen Schnupftüchern versehen. Sie
greifen öfter an. als sie angegriffen werden; keine Kutsche fährt ungestraft vorbei,
ohne daß ihr nicht einige Masken etwas anhängen. Gewiß würdö Mancher solcher
Handel mit Messerstichen endigen, wenn nicht die an mehreren Ecken aufgezogenen
Corden, die bekannten Strafwerkzeuge italienischer Polizei, Jeden mitten in der
Lustbarkeit erinnerten, daß es in diesem Augenblicke sehr gefährlich sei, sich gefähr¬
licher Waffen zu bedienen. Unzählig sind diese Handel und die meisten mehr lustig
als ernsthaft.
Das Ueberraschendste bringt ver Mokkoli-Abend. Kaum wird es in der
engen und hohen Straße düster; so sieht man hie und da Lichter (Mokkoli) erschei¬
nen, an den Fenstern, auf den Gerüsten sich bewegen und in kurzer Zeit die Cir-
culation des Feuers dergestalt sich verbreiten, daß die ganze Straße von bren¬
nenden Wachskerzen erleuchtet ist. Die Balköne sind mit durchscheinenden Papier¬
laternen verziert. Jeder hält seine Kerze zuin Fenster heraus, alle Gerüste sind
erhellt, und es sieht sich gar artig in die Kutschen hinein, an deren Decken oft
kleine krystallene Armleuchter die Gesellschaft erhellen. Anzünden und Ausblasen
und ein unbändiges Geschrei bringt nun bald Leben und Bewegung und wechsel¬
seitiges Interesse unter die ungeheure Menge. Ohne Unterschied, ob man Bekannte
oder Unbekannte vor sich habe, sucht man nur immer das nächste Lickt auszublasen
oder das seinige wieder anzuzünden und bei dieser Gelegenheit das Licht desAndern
auszulöschen.
Wie nun an beiden Enden des Corso sich bald oas Getümmel verliert, desto
unbändiger häuft sich's nach der Mitte zu, und dort entsteht ein Gedränge, das
alle Begriffe übersteigt, ja das selbst die lebhafteste Erinnerungskraft sich nicht wie¬
der vergegenwärtigen kann. Niemand vermag sich mehr von dem Platze, wo er
steht oder sitzt, zu rühren; die Wärme so vieler Menschen, so vieler Lichter, der
Dampf so vieler immer wieder ausgcblasenen Kerzen, das Geschrei so vieler Menschen,
die nur um desto heftiger brüllen, je weniger sie ein Glied rühren können, macken
zuletzt selbst den gesundesten Sinn schwindeln; es ist unmöglich, daß nicht manches
Unglück geschehen, daß die Kutschpferde nicht wild, nicht Manche gequetscht, gedrückt
oder sonst beschädigt werden sollten. Und doch weil sich endlich Jeder weniger oder
mehr hinwegsehnt, Jeder ein Gäßchen, an das er gelangen kann, einschlägt, oder
auf dem nächsten Platze freie Luft und Erholung sucht, löst sich die Masse auch-auf.
schmilzt von den Enden nach der Mitte zu, und dieses Fest allgemeiner Freiheit und
Losgebundenheit endigt sich mit einer allgemeinen Betäubung.
77. Die Mal'aria.
Wer weiß nicht, daß Rom im Juli und August zu einem verpesteten Kirchhofe,
zu einer arabischen Wüste wird? So viel man aber auch von der berüchtigten Aria
cativa oder Mal'aria und den Fiebersenchen in der Sommerhitze hört, so stellt
man sich's doch nicht immer so ganz vor, wie es ist. Man fabelt immer noch etwas
von italienischem Himmel und weiß nicht, daß er blaß, wiewohl Monate lang unbe¬
wölkt, nur von erstickenden Siroccodünsten überzogen ist; daß man an den Straßen
hin auch nicht einen grünen Grashalm mehr sieht, Bäume und Büsche dürr, staubig
und sonnenverbrannt sind; und das Bild des üppigen Südens, das der Fremde in
der Fantasie hat, in das einer Einöde verwandelt ist. Von einem tüchtigen Sirocco-
tage vollends, wo man in allen Sehnen erschlafft und selbst in seinen geistigen Ver¬
richtungen gehemmt, den Abend in Schweiß und Sonnendampf, in dicker, qualmen¬
der Luft, fast ohne Athem verseufzt, davon hat man in oen gesunden Klnnaten
unseres Vaterlandes keinen Begriff.