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hende Kohlen getrieben. Manchmal haben sie die Menschen an 
den Fußsohlen ausgehängt und unter ihren Köpfen Feuer ange¬ 
zündet; vor den Augen weinender Mütter zerschmetterten sie die 
Schädel unschuldiger Kindlein an hartem Mauerwerk. — Und 
wieder waren die Schweden gekommen nicht lange nachher; sie 
übertrafen an wilder Wuth fast noch die Kaiserlichen, seit ihr 
großer König todt war. Vor ihnen hatten auch die Todten in 
ihren Gräbern keine Ruhe; sie rissen die Grabgewölbe auf, und 
plünderten die Leichname. 
Dazu war noch Pestilenz gekommen und hatte in manchen 
Städten Tausende dahingerafft. Ueberall litten die Menschen Hun¬ 
ger. Es war nicht selten, daß oft 20 bis 30 Menschen einem 
Hunde oder einer Katze nachliefen, um sie zu fangen und zu 
schlachten. Um eine todte Krähe schlugen sich oft 40 Menschen. 
Ein Stein hätte sich erbarmen mögen, wenn das arme Volk, in 
einem Düngerhaufen wühlend, ein Klagegeschrei nach Brot erhob. 
Dazumal sind viele Klagelieder in deutschen Landen gesungen 
worden. So singt Rinkart (der war Geistlicher zu Eilenburg in 
Sachsen): 
Vater unser der Elenden, 
willt Du nicht mehr Vater sein? 
Willt Du gar Dein Herz abwenden 
von uns, Deinen Kinderlein? 
Jesu, Jesu, Gottes Sohn, 
der Du bist im Himmelsthron, 
soll denn nun Dein Stuhl auf Erden 
ganz und gar gestllrzet werden? 
Willt Du un8 kein Brot mehr geben, 
oder ist zu kurz Dein' Hand? 
Wovon sollen wir denn leben? 
Freund und Feind verheert das Land. 
Alles lieget brach und öd', 
Alles ist voll Krieg und Fehd'. 
Ach, soll denn kein Fried' auf Erden 
nimmermehr geheget werden? 
Die Noth des Krieges hörst du noch heraus aus dem Neu¬ 
jahrsliede des frommen Paul Gerhard, das er gleich nach dem 
Schluffe desselben gedichtet hat und das beginnt: Nun laßt uns 
geh'n und treten. Darin sagt er: 
Wir geh'n dahin und wandern durch so viel Angst und Plagen, 
von einem Jahr zum andern; durch Zittern und durch Zagen, 
wir leben und gedeihen durch Krieg und große Schrecken, 
vom alten zu dem neuen, die alle Welt bedecken. 
3. Friedrich Wilhelm als Landesvater. 
Das war das Erbe, welches der Kurfürst übernahm. Er 
war groß geworden mitten unter dem Kriegslärmen. Vor den 
räuberischen Schaaren hatten sie ihn in seiner Jugend nach der 
Festung Küstrin stüchten müssen. Später hatte ihn sein Vater 
nach Holland geschickt, damit er auf der hohen Schule zu Leiden 
etwas Rechtschaffenes lerne. In der Kriegskunst unterwies ihn 
der berühmte Statthalter Friedrich Heinrich von Oranien. Als 
man ihn bei Hofe in dem Haag zu einem schlechten und sünd¬ 
haften Leben verführen wollte, hat er tapfer widerstanden, wie's 
einem christlichen und fürstlichen Jüngling geziemt, und das schöne
	        
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