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feindliche Reiterei los und warf sie. Als er bemerkte, daß einige
Schwadronen ihre Führer verloren hatten, stellte er sich an ihre
Spitze und rief ihnen zu: „Getrost, Soldaten! Ich, euer Fürst
und Hauptmann, will siegen oder zugleich mit euch ritterlich ster¬
ben!" Er hielt mitten im Kugelregen. Hier bemerkte sein Stall¬
meister Fr oben, daß der Kurfürst durch sein weißes Roß den
Feinden leicht kenntlich und das Ziel der feindlichen Geschütze sei.
Unter dem Vorgeben, der Schimmel sei scheu, weiß er seinen
Herrn zu bewegen, das Pferd mit dem seinigen zu vertauschen.
Kaum aber hatte er das Roß des Kurfürsten bestiegen, so sank
er vom Pferde, von einer feindlichen Kugel getroffen. — Indeß
entbrannte der Kampf immer lebhafter. Sobald die brandenbur-
gischen Regimenter auf dem Schlachtfelde eintrafen, wurden sie
in die Schlacht geführt. Morgens 8 Uhr erreichte der Kampf
seine größte Heftigkeit. Nach einem wüthenden Gefechte wurden
die Schweden zum Weichen gebracht; zwei ihrer Regimenter hieb
Derflingers Reiterei zusammen, und als sich um 10 Uhr der
Nebel verzog, sah man den Feind in voller Flucht aus Fehrbellin
zu. Man rieth dem Kurfürsten, die Stadt beschießen zu lassen,
um die Feinde daraus zu vertreiben; er aber sprach: „Ich bin
nicht gekommen, mein Land zu verbrennen, sondern zu retten." —
Die geschlagenen Schweden räumten bald darauf die Mark und
zogen sich nach Mecklenburg und Pommern zurück.
1500 getödtete Feinde bedeckten die Wahlstatt von Fehrbellin;
8 Fahnen und 2 Standarten fielen in die Hände der Sieger.
Der Kurfürst hatte 200 Mann verloren. Großmüthig verzieh er
dem Landgrafen von Hessen-Homburg den begangenen Fehler.
Unter unbeschreiblichem Jubel seines treuen Volkes hielt Friedrich
Wilhelm bald darauf seinen Einzug in Berlin.
28. Des großen Kurfürsten Lebensende.
Seit Jahren hatte der große Kurfürst heftig an der Gicht
gelitten; im Frühjahr 1688 trat Wassersucht ein, und zu Ostern
schon kündigte sich der Tod ernstlich an. Er bestellte daher in
aller.Stille seine Angelegenheiten, um seine Gemahlin und seine
Kinder nicht zu betrüben. Alle Regierungsgeschäfte gingen aber
dabei ihren regelmäßigen Gang.
Am 27. April versammelte er in Potsdam den Kurprinzen
Friedrich und seine Räthe um sich. Er eröffnete die Sitzung mit
einer ernsten Rede. „Ich halte dafür", sprach er zu seinem Nach¬
folger, „daß ich anjetzo das letzte Mal diesem Rathe beiwohne;
denn die Schwachheit meines Körpers hat zu sebr überhand ge¬
nommen, und die Sanduhr meines Lebens wird bald abgelaufen
sein. Was für eine langwierige, mühsame und mit schweren Krie¬
gen stets beunruhigte Regierung ich gehabt, ist aller Welt bekannt.