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Hierdurch haben meine lieben Unterthanen wider allen meinen
Willen gar sehr mitgenommen werden müssen. Dem allen un¬
geachtet hinterlasse ich Euch durch Gottes Gnade anjetzo Euren
Staat in Frieden und ziemlichem Wohlstände, wenigstens weit blü¬
hender, als mir derselbe von meinem in Gott ruhenden Herrn
Vater hinterlassen worden. Mein Ziel war darauf gerichtet, mein
kurfürstliches Haus in Ruf und Ansehen zu bringen. — Ich zweifle
nicht, mein Sohn, Ihr werdet vor allen Dingen Gott vor Augen
haben. Eure Unterthanen herzlich lieben, treue Räthe hören und
ihnen folgen, das Heft der Waffen nicht aus den Händen lassen;
denn dadurch muß, nächst göttlicher Hülfe, die Sicherheit Eurer
Länder und der sauer erworbene Ruhm des Kurhauses erhalten
werden."
Hierauf dankte er seinen Räthen für ihre Treue und ihre
redlichen Dienste und forderte sie auf, solche auch seinem Sohne
zu erweisen. „Ich hätte herzlich gewünscht", fügte er hinzu, „mei¬
nen armen Unterthanen noch vor meinem Ende einige Erleichte¬
rung zu schaffen; daß ich aber dazu nicht gelangen können, ist den
bisherigen trübseligen Zeiten und der anhaltenden Unruhe zuzu¬
schreiben, wie ihr selbst am besten wisset." —
Alle Anwesenden waren tief ergriffen. Unter Thränen nah¬
men sie Abschied von dem geliebten Herrn. Dieser war davon
so gerührt, daß er nicht mehr sprechen konnte und nur mit der
Hand seine große Freude über ihre Anhänglichkeit zu erkennen gab.
Nach beendigter Rathssitzung ließ sich der Kurfürst wieder in
sein Schlafgemach bringen, wohin er den Kurprinzen allein berief.
Mit eindringlichen Worten ermahnte er denselben hier nochmals.
Allem genau nachzukommen, was er ihm vorgestellt habe; sonst
könne er der göttlichen Gnade und des väterlichen Segens nicht
theilhaftig werden. Der Kurprinz warf sich zu seinen Füßen. Der
Vater segnete ihn. Dann schenkte er allen Angehörigen und Die¬
nern werthvolle Gaben zur Erinnerung und suchte seine Gemahlin
zu trösten, indem er zu ihr sprach: „Liebste Gemahlin, ich bitte,
fasset Euch ein wenig. Es muß doch einmal geschieden sein und
eins dem anderen vorangehen. Für mich habe ich genug gelebt
und von meinem Gott unzählige Wohlthaten empfangen. Wäre
es denn nicht billig, daß ich demjenigen die Seele wiedergebe, von
dem ich sie erhalten? Ich bin bereit, dieses sterbliche Leben nach
meines Gottes Willen zu beschließen; seid versichert^ daß wir uns
dermaleinst in der frohen Ewigkeit wiederum vereinigen werden."
Am Nachmittag kamen die beiden Hofprediger zu dem Kran¬
ken. Er empfing sie mit den Worten des Apostels: „Ich habe
einen guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich
habe Glauben gehalten. Hinfort ist mir beigelegt die Krone der
Gerechtigkeit, welche mir der Herr geben wird an jenem Tage."