156 
Hierdurch haben meine lieben Unterthanen wider allen meinen 
Willen gar sehr mitgenommen werden müssen. Dem allen un¬ 
geachtet hinterlasse ich Euch durch Gottes Gnade anjetzo Euren 
Staat in Frieden und ziemlichem Wohlstände, wenigstens weit blü¬ 
hender, als mir derselbe von meinem in Gott ruhenden Herrn 
Vater hinterlassen worden. Mein Ziel war darauf gerichtet, mein 
kurfürstliches Haus in Ruf und Ansehen zu bringen. — Ich zweifle 
nicht, mein Sohn, Ihr werdet vor allen Dingen Gott vor Augen 
haben. Eure Unterthanen herzlich lieben, treue Räthe hören und 
ihnen folgen, das Heft der Waffen nicht aus den Händen lassen; 
denn dadurch muß, nächst göttlicher Hülfe, die Sicherheit Eurer 
Länder und der sauer erworbene Ruhm des Kurhauses erhalten 
werden." 
Hierauf dankte er seinen Räthen für ihre Treue und ihre 
redlichen Dienste und forderte sie auf, solche auch seinem Sohne 
zu erweisen. „Ich hätte herzlich gewünscht", fügte er hinzu, „mei¬ 
nen armen Unterthanen noch vor meinem Ende einige Erleichte¬ 
rung zu schaffen; daß ich aber dazu nicht gelangen können, ist den 
bisherigen trübseligen Zeiten und der anhaltenden Unruhe zuzu¬ 
schreiben, wie ihr selbst am besten wisset." — 
Alle Anwesenden waren tief ergriffen. Unter Thränen nah¬ 
men sie Abschied von dem geliebten Herrn. Dieser war davon 
so gerührt, daß er nicht mehr sprechen konnte und nur mit der 
Hand seine große Freude über ihre Anhänglichkeit zu erkennen gab. 
Nach beendigter Rathssitzung ließ sich der Kurfürst wieder in 
sein Schlafgemach bringen, wohin er den Kurprinzen allein berief. 
Mit eindringlichen Worten ermahnte er denselben hier nochmals. 
Allem genau nachzukommen, was er ihm vorgestellt habe; sonst 
könne er der göttlichen Gnade und des väterlichen Segens nicht 
theilhaftig werden. Der Kurprinz warf sich zu seinen Füßen. Der 
Vater segnete ihn. Dann schenkte er allen Angehörigen und Die¬ 
nern werthvolle Gaben zur Erinnerung und suchte seine Gemahlin 
zu trösten, indem er zu ihr sprach: „Liebste Gemahlin, ich bitte, 
fasset Euch ein wenig. Es muß doch einmal geschieden sein und 
eins dem anderen vorangehen. Für mich habe ich genug gelebt 
und von meinem Gott unzählige Wohlthaten empfangen. Wäre 
es denn nicht billig, daß ich demjenigen die Seele wiedergebe, von 
dem ich sie erhalten? Ich bin bereit, dieses sterbliche Leben nach 
meines Gottes Willen zu beschließen; seid versichert^ daß wir uns 
dermaleinst in der frohen Ewigkeit wiederum vereinigen werden." 
Am Nachmittag kamen die beiden Hofprediger zu dem Kran¬ 
ken. Er empfing sie mit den Worten des Apostels: „Ich habe 
einen guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich 
habe Glauben gehalten. Hinfort ist mir beigelegt die Krone der 
Gerechtigkeit, welche mir der Herr geben wird an jenem Tage."
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.