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20. Heinrich der Vogelsteller.
Herr Heinrich sitzt am Vogelheerd
recht froh und wohlgemuth;
aus tausend Perlen blinkt und blitzt
der Morgensonne Gluth.
In Wies’ und Feld und Wald und Au’,'
horch, welch ein süsser Schall!
der Lerche Sang, der Wachtel Schlag,
die süsse Nachtigall!
Herr Heinrich schaut so fröhlich drein:
„Wie schön ist heut die Welt!
Was gilt’s? heut giebt’s 'neu guten Fang!“ —
Er lugt zum Himmelszelt.
Er lauscht und streicht sich von der Stirn
das blondgelockte Haar:
„Ei doch! was sprengt denn dort herauf
für eine Reiterschaar?“
Der Staub wallt auf; der Hufschlag dröhnt;
es naht der Waffen Klang:
. „Dass Gott! die Herrn verderben mir
den ganzen Vogelfang!
Ei nun! — was giebt’s?“ — Es hält der Tross
vor’m Herzog plötzlich an.
Herr Heinrich tritt hervor und spricht:
„Wen sucht ihr Herrn? sagt an!“
Da schwenken sie die Fähnlein bunt
und jauchzen: „„Unsern Herrn!
Hoch lebe Kaiser Heinrich! — Hoch
des Sachsenlandes Stern!““
Dies rufend, knie’n sie vor ihn hin
und huldigen ihm still
und rufen, als er staunend fragt:
„„’s ist deutschen Reiches Will’!““
Da blickt Herr Heinrich, tief bewegt,
hinauf zum Himmelszelt:
„Du gabst mir einen guten Fang! —
Herr Gott, wie Dir’s gefällt!“ —
21, Heinrich I.
Zur Zeit, als Heinrich I. gewählt wurde, Wc?r Deutschland
ein sehr unglückliches Land. — Von Südosten her jagten häufig
auf ihren schnellen Pferden die Ungarn heran, trieben den Bauern
das Vieh weg und sengten und plünderten, wohin sie kamen. Sam¬
melte sich langsam ein Haufe deutscher Krieger wider sie und fing
an, sich in Marsch zu setzen, so waren sie sammt ihrer Beute be¬
reits wieder fort. — Von D^orbcffen her kamen zu Zeiten vie
Wenden und machten es ebenso.
Das war eine traurige Zeit. — Was that da der weise, be¬