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63 Fahre gelebt hatte. Vor Tagesanbruch erschienen 5
Grafen von Mansfeld nebst andern vornehmen Personen,
um den Entschlafenen zu betrauern. Bis 9 Uhr ließ man
ihn in seinem Sterbebette liegen; darauf hüllte man ihn
in ein Weißes Gewand und legte ihn in einen zinnernen
Sarg. Am 19. Nachmittags 2 Uhr trug man die Leiche
in die Hauptkirche mit großer Feierlichkeit und geistlichen
Gefangen; Fürsten, Grafen und Herren sammt ihren
F-rauenzimmcrn, und eine große Anzahl Volkes befanden
sich im Zuge. I). Fonas hielt dem Entschlafenen eine Leichen-
predigt. Die Nacht hindurch ließ man die Leiche in der
Kirche stehen und von 10 Bürgern bewachen.
Weil indeß der Churfürst von Sachsen verlangte, daß
Luther in Wittenberg begraben werden sollte, so begleitete
man am 20. Februar die Leiche mit aller Ehrwürdigkeit
und mit christlichen Gefangen aus der Stadt Eisleben. Fn
allen Orten, wodurch die Ueberrcste des Verklärten getragen
wurden, lautete man die Glocken. Endlich kam man am
22sten vor Wittenberg an. Am Thore standen versammelt
sämmtliche Professoren und'Studenten, der Rath und die
Bürgerschaft, die Prediger und die Schulkinder. Fetzt be¬
wegte sich der Zug. Vor der Leiche ritten die Verordneten
des Churfürsten und die Grafen von Mansfeld mit 65
Pferden; hinter denselben fuhr Luther's Gemahlin Katha¬
rina, seine 3 Söhne, sein Bruder nebst andern Verwand¬
ten. Ueberall hörte- man Weinen und Wehklagen, und von
allen Orten war viel Volks herzugeströmt. Fn der Schlo߬
kirche hielt D. Bugen ha gen, auch Pomeranus ge¬
nannt, eine Leichenrede, welche die Versammlung mit großer
Rührung anhörte. Vor und nach der Rede sti.mnite man
Trauerlieder an, und nun ward der Sarg in die Gruft
gesenkt Nahe bei der Kanzel, auf welcher der Verewigte so
oft gepredigt hatte. Eine einfache Grabschrift auf einer
messingenen Platte ist noch jetzt zu lesen.
Als Karl V. nach der Eroberung von Wittenberg
1547 die Schloßkirche besuchte, so ließ er sieh auch das
Grab Luther's zeigen. Fhm zur Seite stand der grausame
Herzog Alba und der Bischof Granvella. Der Kaiser
stand mit tiefem Ernste an der Stätte, wo der große Re¬
formator schlummerte, den er schon auf dem Reichstage zu