Full text: Ein Lese- und Lehrbuch für obere Klassen der Volksschulen (Theil 4)

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Ihre Börse mitgeben." — „Wie meinst du das?" fragte 
Kosciusko. Zeltner antwortete: „Sobald ein armer Mann 
auf der Straße den Hut abnahm, und um ein Almosen 
bat, stand das Pferd augenblicklich still, und ging nicht eher 
von der Stelle, bis der Bettler etwas empfangen hatte: 
und als mir endlich das Geld ausging, wußte ich das Pferd 
nur dadurch zufrieden zu stellen und vorwärts zu bringen, 
daß ich that, als ob ich den Bittenden etwas gäbe." 
Oie Ritte des Dürftigen lass dir Befehl sein. 
20. Der Hund und die Kuh. 
Ein Spitz hielt Mittagsruh' auf einem weichen Bunde 
von Grummet. Eine Kuh schlich hungrig sich hinzu. Kaum 
zeigt sie sich dem Hunde, da bellt er wild sie an, und wehrt 
ihr, sich zu nahn. „Das Heu kann dich nicht nähren," sprach 
sie voll Traurigkeit, „und mir willst du es wehren?" 
Wie hässlich ist doch die Gemächlichkeit, die 
Anderen selbst das nicht gönnt, was ihnen 
unentbehrlich ist. 
21. Das Pferd und der Esel. 
Einst trug auf seinem schmalen Rücken 
ein Esel eine schwere Last, 
die fähig war, ihn todt zu drücken. 
Ein ledig Pferd ging neben ihm. „Du hast 
auf deinem Rücken Nichts," sprach das geplagte Thier; 
„hilf, liebes Pferdchen, ach, ich bitte dich, hilf mir!" 
„Was, helfen?" sagt' der grobe Gaul; 
„du bist der rechte Gast: du bist ein wenig faul! 
Trag' zu!" — „Ich sterbe, liebes Pferd: 
die Last erdrückt mich; rette mich! 
Die Hälfte wär' ein Spiel für dich." — 
„Ich kann nicht!" sprach das Pferd. 
Kurz, unter dem zu schweren Sack 
erlag der Esel. Sack und Pack 
warf man dem groben Rappen auf, 
deS Esels Haut noch oben drauf. 
80 schafft ein rohes, hartes Herz 
Sich selbst oft Last und macht sich Schmerz l
	        
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