Nach den Trinksprüchen wird ein nach mittelalterlichem Rezept
eigens eingebrautes Braunbier gereicht. In mächtigen Silberbechern
kreist es nach genau geregeltem Gange, rechts und links an den Tafeln
entlang, so daß stets zwei gegenüber sitzende Festgenossen es gleich¬
zeitig erhalten. Darauf müssen sie sich erheben, einige Male mit den
Bechern aneinander schlagen, einen guten Trunk tun und sich die Hände
schütteln.
Wie im Fluge enteilen die Stunden, bis endlich nach der letzten
Rede die Tafel aufgehoben wird. Nun rücken die alten Kapitäne an
einer Tischecke zusammen; lange holländische Tonpfeifen und loser Tabak
werden herumgereicht, und es wird aus dem köstlichen Liederbuche ge¬
sungen, das auch uns Gästen beschert worden war. Ich will nicht
gerade sagen, daß sie schön sangen — ich dachte wohl bisweilen an das
alte Wort: Frisia non canticat. Aber mir und uns allen und ihnen
gefiel's, denn die Begeisterung ersetzte den Wohlklang. Ein Lied vor
allen wurde immer und immer wiederholt:
„Es blühen Rosen, es blühen Nelken,
es blüht ein Blümlein — Vergißnichtmein.
Es blühen Rosen, es blühen Nelken,
es blüht ein Blümlein — Vergißnichtmein.
Drum sag' ich noch einmal:
Schön ist die Jugendzeit!
Schön ist die Jugendzeit!
Sie kehrt nicht mehr.
Sie kehrt, sie kehrt nicht mehr,
kehrt niemals wieder.
Schön ist die Jugendzeit,
sie kehrt nicht mehr."
Den Frauen ist zwar die Teilnahme an der Schaffermahlzeit selbst
versagt. Aber in einem Nebenraume wird ihnen das gleiche Essen
serviert. Wenn jedoch die Tafel aufgehoben ist und die Alten mit ihren
Tonpfeifen zum Gesänge zusammenrücken, dann erscheinen die Frauen
und Mädchen erst im Vorsaal, bald auch im Hauptsaal, und da sie nun
einmal merkwürdigerweise festlich gekleidet sind und die Musik plötzlich
mit einem Walzer einsetzt, so wird eben getanzt.
Dann nahm ich Abschied von dem fröhlichen Feste, das so recht
bewies, wie treu und fest der Bremer am überlieferten Alten hängt, wie
er es hegt und pflegt. „Ich wollte," meinte ein Hamburger Herr, „wir
hätten in Hamburg auch etwas Ähnliches, wie diese Schaffermahlzeit."
Ja — ob es denn überhaupt irgendwo in deutschen Landen noch etwas
Ähnliches gibt?