Full text: Lese- und Lehrbuch für den Bedarf der Volksschulen

— 90 — 
chnen^ncht nur da gewiesen, wie sie nähen, stricken, Fin¬ 
nen sollten, sondern man gab ihnen auch die nöthigen 
Hilfsmittel und die Stoffe dazu, die sie bearbeiteten, 
ja die Fleißigen und Geschickten wurden noch durch Be¬ 
lohnungen und Geschenke aufgemuntert, Wie das Gute 
so oft m der Welt verkannt wird, so gab es auch Biele, 
welche dieser wohlthätigen Einrichtung nicht hold waren. 
Manche Aeltern meinten, ihre Töchter brauchten keinen 
Putz machen zu lernen; aber darauf war eö ja auch gar 
nicht abgesehen, sondern nur auf die Verfertigung der 
nothwenvigsten häuslichen Bedürfnisse, und diese sollte doch 
jede Bürgers- und Bauersfrau selbst machen können, An¬ 
der^ glaubten, die Mädchen würden dadurch von dem noth¬ 
wendigen Schulunterrichte abgezogen, und dieß war doch 
keineswegcS der Fall; denn ftne Anweisung wurde nur in 
solchen Stunden gegeben, wo keine Schule war, und 
selbst die Industrieschule, (so heißt eine solche Anstalt) 
wurde dazu benutzt, die Kinder mit nützlichen Kenntnissen 
zu bereichern und gute Gesinnungen in ihnen zu erwecken. 
Daher ließen sich von unverständigen oder boshaften Nach¬ 
reden die Frauen in Liebenhausen nicht abschrecken ihren 
schönen Plan fortzusetzen und durchzuführen, und es wurde 
ihnen hie Freude,' daß endlich daö Bormtyeil besiegt und 
eine nicht geringe Anzahl junger Mädchen für eine solche 
nützliche Thätigkeit gewonnen wurde, so daß sie in der 
Zukunft noch den wohlthätigen Sinn segneten, durch wel¬ 
chen sie für einen eignen Haushalt herangebildet worden 
waren.. Unter diesen war unsere Emilie. Sie wurde 
auf Bitte ihrer Mutter schon als ganz junges Mädchen in 
jene Anstalt aufgenommen und zeichnete sich bald durch ih¬ 
ren Fleiß und ihre Aufmerksamkeit so aus, haß ihre Leh¬ 
rerinnen.. sie vor allen liebgewannen und deßwegen ihre 
Sorgfalt auf sie verdoppelten. Der Erfolg entsprach ihrer 
Bemühung und ihren Wünschen. Emilie war, da sie im 
sechzehnten Jahre ihres Alters mit dem beßten Lobe ent¬ 
lassen wurde, so weit gekommen, daß sie durch ihre erwor¬ 
ben Kunstfertigkeit nicht nur ihr eignes Brod verdienen, 
sondern auch ihre alte Mutter mit unterstützen konnte. 
Der bcßte Segen folgte ihr aber erst in der Zukunft. Sie 
ward späterhin die Gattin eines wackern Landschullehrer-. 
In Lrögheirn, seinem Aimathöorte herrschte noch große
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.