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sohlen, Ottokar s Leben zu schonen, dieser aber einen Preis demjenigen ver¬
sprochen, der ihm seinen Gegner todt oder lebendig liefern würde. Furcht¬
bar wüthete der Kampf; Ottokar wurde erschlagen; Rudolf, von einem
böhmischen Ritter vom Pferde geworfen, lag unter diesem, und nur sein
Schild, mit welchem er sich bedeckte, rettete ihn vor den Hufen der über
ihn herstürmenden Rosse. Bald hob er sich unter seinem Pferde wieder
empor und errang den Sieg. Ein Ritter aus Ottokar's Heere, von dem
Rudolf beinahe getödtet worden wäre, fiel schwer verwundet in die Hände
der Sieger, die ihn im Zorn niederhauen wollten, weil er das Leben ihres
Königs bedroht hatte; allein Rudolf sprach : „Das verhüte Gott! einen
so tapferen Ritter tobten, hieße dem Reiche unersetzlichen Schaden zufügen."
Er befahl, den Gefangenen sorgfältig zu verbinden und zu verpflegen.
Nach diesem Sieg rückte Rudolf in Böhmen ein und gab dies Land
als Reichslehen dem Sohne Ottokar's, Wenzel. Mit den österreichischen
Landen belehnte er seine beiden Söhne, in der Ueberzeugung, daß er nur dann,
wenn er selbst eine große Hausmacht habe, den großen deutschen Fürsten
gegenüber sein Ansehen wahren könne. Da er auch seine sechs Töchter mit
mächtigen Fürsten vermählte, so stärkte er seine königliche Gewalt so sehr,
daß er sich überall Gehorsam zu erzwingen vermochte.
Mit gleicher Thätigkeit sorgte Rudolf für die Handhabung der Ge¬
rechtigkeit und die Herstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.
Er durchzog das Reich von einem Ende bis zum andern, saß oft persönlich
zu Gericht und erlaubte einem jeden Zutritt, „denn", sagte er, „ich bin
wahrlich nicht König geworden, um mich vor den Menschen einzuschließen."
Mehrmals gab er Gesetze zur Aufrechthaltung des Landfriedens, welche
von den Ständen des Reiches beschworen werden mußten. Die Uebertreter
traf strenge Strafe. Einst ließ er in Thüringen neunundzwanzig gefangene
Raubritter in seiner Gegenwart zu Erfurt hinrichten. Ueber ein Jahr
verweilte er hier, bis alle Raubschlösser — es waren sechsundsechszig —
gebrochen waren.
Rudolf wünschte die deutsche Krone seinem Sohne Albrecht, der von
seinen Söhnen allein noch am Leben war, zu hinterlassen. Allein die
Fürsten fürchteten die schnell emporstrebende Größe des habsburgischen
Hauses und den finsteren, harten und abschreckenden Sinn Albrecht's. Sie
wichen daher den Anträgen Rudolfs aus. Mißvergnügt verließ dieser
Frankfurt und ging, schon krank und schwach, nach Straßburg. Als er
die Nähe des Todes fühlte, rief er: „Wohlan, nach Speier!" Hier, all
der Begräbnißstätte der Kaiser, wollte er sein Ende erwarten, aber er kam
nur bis Germersheim, wo er in einem Alter von dreiundsiebzig Jahren
starb (1291).
Rudolf hat den Ruhm der Gerechtigkeit, Mäßigung und Tapferkeit
sein ganzes Leben hindurch bewahrt. Seine Gestalt war sehr hoch und
schlank, seine Sitten einfach; Speise und Trank genoß er mäßig. Er trug
gewöhnlich ein schlichtes graues Wams, das er sich wohl im Felde selbst
flickte. Wenn er sprach, gewann er durch biedere Zutraulichkeit und war