Full text: Der deutsche Kinderfreund

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II. Erzählungen 
fein Sprung war so gefährlich, den Christian nicht gewagt 
hätte, um sich vor andern Knaben etwas sehen zu lassen. 
Die Verwegenheit brachte ihm endlich den Tod. Höret die 
schreckliche Begebenheit, und nehmt euch vor, daß sie euch zur 
Warnung dienen soll. Eines Tages spielte Christian mit'eir 
Niger; andern Knaben. Mit der größten Wildheit liefen sie die 
hohe und steile Treppe des Hauses hinaus und hinunter. End¬ 
lich kam Christian auf den unglücklichen Einfall, heute wieder 
etwas Zuversuchen, was er schon einige Mal verrucht hatte, 
nämlich sich mit dem halben Leibe über das Geländer der 
Treppe zu hängen, und so von oben hinab zu rutschen. O 
hatte er doch in diesem Augenblicke an die Warnungen seiner 
Pfiegeältern gedacht, welche ihm dies Wagestück so oft unter¬ 
sagt hatten! Aber in seiner Wildheit dachte er nicht daran, hängte 
sich über das Geländer, -bekam das Ilcbergcwicht, stürzte 
hinab, und war auf der Stelle todt. 
11. Der ehrliche Knabe. 
-Alans spielte vor der Thür, als ein Nachbar ihn herbei« 
rief, und ihn freundlich bat, daß er ihn den Gefallen thun, 
und vor dem Thore die Post erwarten möchte, um ihn sogleich 
Nachricht geben zu können, wenn er sie in der Ferne kommen 
sähe. Klaus war sehr bereitwillig, diesen Auftrag zu vollfüh¬ 
ren, denn ec war ein dienstfertiger Knabe. Eilig lief er vor 
das Thor, und stellte sich auf eine Anhöhe, wo er die Landstra¬ 
ße auf eine weite Strefke übersehen konnte. Er hatte schon 
eine gute halbe Stunde gewartet, als Heinrich vorbeikam. 
Da er Klausen ansichtig wurde, rief er ihm zu: komm mit 
mir, drüben auf der Wiese sind alle unsere Schulkameraden, 
wir wollen zusammen Ball spielen! Klaus versicherte ihm, 
daß er seht nicht mitkommen könne, so gern er auch mitspielen 
möchte; denn er habe seinem Nachbar versprochen, hier auf die 
Post zu warten, lind es ihm zu sagen, so bald er sie kommen 
sähe Aber wie lange willst du denn hier in der Sonne stehen? 
erwiderte Heinrich; das hast du ja gar nicht nöthig, und du 
hast nun schon lange genug gewartet; ich dächte, du kämest 
immer mir. Doch Klaus war nicht zum Weggehen zu bewe¬ 
gen, so sehr auch der leichtsinnige Heinrich Über seine Einfalt 
spottete; denn er hatte oft von seinem Vater gehört: ein ehr¬ 
licher Mann hält sein Wort. Zwar musste er noch eine volle 
halbe Stunde warten, ehe dir Post kam, und hatte dabei viel 
Sonnenhitze auszustehc»; aber wie groß war auch dann sek-
	        
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