Seelenlehre des Menschen« 7
stellung von einer Farbe,machen können, wenn wir keine
Augen hätten; keine Vorstellung von einem Klange, wenn
wir keine Ohren hätten; keine Vorstellung von ernem Ge¬
rüche, wenn wir keine Nase hätten; keine Vorstellung von
einem Geschmack, wenn wir keinen Gaumen hätten; und
keine Vorstellung von einem Gefühle, wenn wir keine
Nerven hätten, vermittelst welcher wir fühlen. Die Sin,
ne sind also gleichsam die Werkzeuge unserer Seele.
2) Unsere Seele hat aber nicht nur die Kraft, sich
allerlei Dinge vorzustellen, sie hat auch das Bewußtseyn
ihrer selbst sowohl, als auch ihrer Vorstellungen, d. i.
sie weißt, daß sie sich etwas vorstelle.
Die Vorstellungen der Seele sind entweder dunkel, d. i.
unsere Seele kann von einer Sache eine Vorstellung ha¬
ben, ohne zu wissen, was sie ist. I. B. Wenn ich etwas
in einer großen Entfernung sehe, so weiß ich zwar, daß
etwas dort ist, aber ich weiß nicht, was es ist.
Oder die Vorstellung kann zwar klar, aber doch zu¬
gleich verworren seyn. D. i. man kann von einer Sache
so viel sehen, als nöthig ist, sie von einigen Dingen zu
unterscheiden, aber nicht so viel, als nöthig ist, alle die
Kennzeichen angeben zu können, wodurch sie sich von an¬
dern Dingen gleicher Art und Gattung unterscheidet. I.
B. Ich kann von einem entfernten Baume wohl sehen,
daß er ein Baum ist, ohne zu erkennen, was er für
ein Baum ist.
Endlich, die Vorstellungen der Seele können auch
deutlich seyn. D. i. Ich kann eine Sache so sehen, daß
ich sie auch von jedem Dinge gleicher Art unterscheiden
kann. Z. B. Von dem Baume in der Nähe bat die Seele
eine deutliche Vorstellung, wenn sie seine Rinde, seine
Zweige, seine Blätter rc. sieht, und ihn dadurch von
jedem andern Baume unterscheiden kann.
Unsere Seele kann zu gleicher Zeit mehrere Vorstellun¬
gen haben, wovon die eine deutlich, die andere aber dun¬
kel, oder unklar sind. Z. B. Ich kann etwas sehr auf¬
merksam besehen, und von dem Gesehenen die deutlichste
Vorstellung haben, aber ich kann zugleich etwas hören
und riechen, worauf ich weniger merke, und unsere Seele
wird von dem Gehörten und Gerochenen nur eine dunkle
Vorstellung haben.
Es kömmt sehr viel dnrauf an, daß wir immer die