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Schöpfung steht jedem Menschen offen, um die Wunder Gottes
zu sehen und darüber nachzudenken. Hier kommt der Mensch
nie zu Ende; und wenn er Jahrtausende lebte, so würde er jeden
Augenblick neue Spuren der Gottheit entdecken. Durch solches
Forschen wird sich ihm Gott immer mehr in seinem Geiste offen¬
baren; immer deutlicher wird er einsehen, was seine Pflicht als
Mensch, als Christ, als Verehrer Gottes sei. Wer dieses Be¬
dürfniß aber nicht bei sich fühlt; wer von den Sorgen und Ge¬
schäften des täglichen Lebens niedergedrückt oder von dem Strome
der Zerstreuung fortgerissen wird: der hat auch keinen Sinn für
das höhere Leben des Geistes, für Betrachtung und Untersuchung
der Natur; bei dem fällt auch jeder lebendige Gedanke an Gott
selbst weg, dessen Geist wird sich daher auch nicht zu dem Glücke
und dem hohen Gefühle emporschwingen, welches der Freund der
Natur bei Betrachtung der Werke Gottes empfindet. Da wan¬
deln Sonnen, Planeten, Monde und Kometen in nie gestörter
Drdnung. Jährlich und täglich haben wir dieses prachtvolle
Schauspiel vor Augen; aber zahllos ist die Menge derer, die den
gestirnten Himmel gedankenlos betrachten. Von Kindheit an
sehen sie Sonne, Mond und Sterne in ewigem Kreisläufe über
sich hinschweben, und wenn sie es vieltausendmal gesehen haben,
so schließt der Tod ihre Augen, ohne daß die große Frage sie be¬
unruhigt hat: was mögen jene unzählbaren Lichtpunkte am Him¬
mel sein? und woher mag das ewige Drehen kommen? Nur
wenn einmal ein Komet erscheint, sind aller Augen zum Himmel
gerichtet, und Alles fragt: was mag das sein? was mag der
Komet bedeuten? wird er uns Gefahr und Unglück bringen?
Um die übrigen Sterne bekümmert man sich nicht. Wenn aber
der mit Sinnen und Vernunft begabte Bewohner der Erde durch
einen edlen Antrieb der Seele aufgefordert wird, sich vom Da¬
sein und von der Majestät Gottes durch eine aufmerksame Be¬
trachtung des großen Weltgebäudes- zu überzeugen; so verdient
bei diesem preiswürdigen Unternehmen zunächst der Erdkörper,
welcher ihm von diesem allgütigen und allmächtigen Schöpfer auf
eine Zeit lang zum Wohnplatze angewiesen ist, seine nähere Unter¬
suchung.
§- 2.
Die Gestalt der Erde.
(Kinderfr. I. S. 212. Aiih.I. I.)
Die Erde ist keine weit ausgedehnte Kreisebene, wie sie ihren
Bewohnern beim ersten Anblicke erscheint, sondern sie hat die Ge¬
stalt einer Kugel (der Lehrer zeige einen Globus oder in Er¬
mangelung dessen eine gewöhnliche Kegelkugel vor!) Ihre Größe