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61. Winterlied.
Wie ruhest du so stille
In deiner weissen Hülle
Du mütterliches Land!
Wo sind des Frühlings Lieder,
5. Des Sommers bunt Gefieder,
Und dein beblümtes Festgewand?
Du schlummerst nun entkleidet;
Kein Lamm, kein Schäflein weidet
Auf deinen Au’n und Hüh’n.
10. Der Voglern Lied verstummet,
Und keine Biene summet;
Doch bist du auch im Winter
schön.
Die .Zweig und Aestlein schim¬
mern,
Und tausend Lichter flimmern,
15. Wohin das Auge blickt.
Wer hat dein Bett bereitet,
Die Decke dir gespreitet
Und dich so schön mit Reif ge¬
schmückt?
Der gute Vater droben
Hat dir dein Kleid gewoben,
Er schläft und schlummert nicht.
So sch lumm're denn in Frieden;
Der Vater weckt die Müden
Zu neuer Kraft, zu neuem Licht.
Bald in des Lenzes Wehen
Wirst du verjüngt erstehen
Zum Leben wunderbar.
Sein Odem schwebt hernieder,
Dann Erde stehst du wieder
Mit einem Blumenkranz im Haar.
Krum machen
62. Lied von den grünen Sonunervögelein.
Es kamen grüne Vögelein
Geflogen Her vom Himmel.
Und setzten sich im Sonnenschein
Im sröhiichem Gewimmel
20. All an des Baumes Aeste.
Und saßen da !o feste,
Als ob sie angewachsen sei'n.
Sie schaukelten in Lüsten lau
Auf ihren schwanken Zweigen,
25. Sie aßen Licht und tranken Thau,
Und wollten auch nicht schweigen,
Sie sangen leise, leise
Auf ihre stille Weise
Von Sonnenschein und Himmel¬
blau.
ZO. Wenn Wetternacht auf Wolken
saß,
So schwirrten sie erschrocken,
Sie wurden von dem Regen naß,
Und wurden wieder trocken;
Die Tropfen raunen nieder
Vom grünenden Gefieder,
Und desto grüner wurde das.
Da kam am Tag der scharfe Strahl,
Ihr grünes Kleid zu sengen,
-Und nächtlich kam der Frost einmal,
Mit Reif es zu besprengen;
Die armen Vöglein froren,
Ihr Frohsinn war verloren,
Ihr grünes Kleid war bunt und
fahl.
Da trat ein starker Mann zum
Baum,
Und hub ihn an zu schütteln.
Vom obern bis zum untern Raum
Mit Schauer zu durchrütteln;
Die bunten Vöglein girrten,
Und auseinander schwirrten;
Wohin sie flogen, weiß man kaum.
Rückert.
Räthsel. »
63.
1 Vier Brüder gehn Jahr aus, Jahr ein ^ Im
35. ganzen Land spaziren; 3 Doch jeder kommt für sich
allein, 4 Uns Gaben zuzuführen.
5 Der erste kommt mit leichtem Sinn, ° In reines