Object: [Band 3 = Oberstufe, [Schülerband]] (Band 3 = Oberstufe, [Schülerband])

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VII. Der Vater im Himmel. 
297. Gott grüßt manchen, der ihm nicht dankt. 
um Beispiel, wenn dieh fruh die Sonne zu einem neuen, krãftigen 
Leben weckt, so bietet er dir: „Guten Morgen!“ wenn sieh abends 
dein Auge zum erquieklichen Sehlummer sehliebet: „Gute Nacht!“ 
Wenn du mit gesundem Appetit dien zur Mahblzeit setzest, so sagt er: 
„Wohl bekomm's!“ Wenn du eine Gefahr noch zu rechter Zeit ent- 
deekst, so sagt er: „Nimm dich in acht, junges Kind odoer altes Rind, 
und kehre lieber wieder uml“ Wenn da am sehönen Maitag in Bluten- 
duft und Lerehengesang spazieren gehst und es ist dir wohl, s0 sagt 
er: „Sei willkommen in meinem Sehlobgarten!l“ Oder du denkst an 
niehts, und es wird dir auf einmal wvunderlich im Herzen und nab in 
den Augen und denkst: „Ieh will doeh anders werden, als ieh bin,“ s0 
sagt er: „Merkst du, wer bei dir ist?“ Oder du gehst an einem offenen 
Grab vorbei und es sehauert dieh, so denkt er just niebt daran, dab 
du lutheriseh oder reformiert bist, und sagt: „Gelobt sei Jesus Ohristl“ 
Also grubt Gott mancehen, der ihm nieht antwortet und nieht dankt. 
Johann Peter Hebel. 
298. Ober das Gobet, 
an meinen Freund Andres. 
* einer beim Beten die Augen verdreht usw., find' ieh eben nieht 
nõtig, und halte ieb's besser: naturlich! Indes mub man einen 
darum nieht lästern, wenn er nieht heuehelt; doeh dab einer grob und 
breit beim Gebet tut, das mub man lästern, dunkt mieh, und ist nieht 
auszustehen. Man darf Mut und Zuversient haben, aber nieht ein-· 
gebildet und selbstklug sein; denn weib einer sieh selbst zu raten und 
helfen, so ist ja das krzeste, dab er sieh selbst hilft. Das Hände- 
falten ĩst eine feino auberliche Zueht und sieht so aus, als wenn sieh 
einer auf Gnade und Ungnade ergibt und 's Gewehr streekt. Aber 
das innerliehe, heimliehe Hinhängen, Wellensehlagen und Wünschen des 
EHerzens, das ist nach meiner Meinung beim Gebet die Hauptsaehe, und 
darum kann ieh nieht begreifen, was die Leute meinen, die niehts vom 
Beten wissen wollen. Ist ebensoviel, als wenn sie sagten, man solle 
niehts wünschen, oder man solle keinen Bart und keine Ohren haben. 
Das mubte ja 'n hölzerner Bube sein, der seinen Vater niemals etwas zu 
bitten hätte und erst 'n halben Tag uberlegte, ob er's zu diesem aubersten 
wolle kommen lassen oder niebt. Wenn der Wunsch inwendig in dir 
dieh nabe angeht, Andres, und warm empfunden ist, so wird er nieht
	        
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