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Die Amphibien bringen die kalten Wintermonate großentheils in
einer Erstarrung zu, und zwar zum Theil in großen Haufen, wie z. B.
die Frösche. — Fast alle legen Eier, und sind zu in Theil sehr fruchtbar.
Ein Frosch legt jährlich über tausend, eine Kröte gegen achthundert Eier.—
Die Frösche und Wasser-Eidechsen kommen nicht gleich in ihrer vollkom-
lucncn Gestalt zur Welt, sondern müssen noch erst eine oder mehrere
Verwandlungen erleiden. Aus den Eiern der Frösche, die alle anfangs
in einem weißen, schleimigen Wesen auf der Oberfläche des Wassers
schwimmen (Froschlaich), kommen nach 8 Tagen große, schwarzbraune,
dickköpfige, geschwänzte Fischchen zum Vorschein, tote sehr geschwind int
Wasser hin-und-hcr-fahren und Schlamm fressen; Füße bekommen sie
erst nach einigen Wochen. Allmählich verlieren sie ihren Schwanz, und
nun erst ist der Frosch vollkommen gebildet. Nun gehen sie noch ganz
klein aufs Trockene in's Gras, und fressen Würmer, Insekten rc. und
dringeit besottders bei warmem Regen oft in solcher Menge hervor, daß
cs scheint, als hätte cs Frösche geregnet.
Vor den meisten Amphibien fühlen wir einen geheimen Widern
willen, wahrscheinlich nicht blos deßwegen, weil manche unter ihnen gif¬
tig sind, sondern schon weil ihre Haut kahl, schleimig und kalt, ihr Ge¬
sicht heimtückisch und ihre Bewegung träge ist. Auch der Nutzen, welchen
der Mensch von dieser Thierklasse zieht, ist sehr einfach, aber doch nicht
unbeträchtlich. Von einigen wird das Fleisch gegessen; verschiedene wilde
Völker verzehren sogar das Fleisch der Schlangen. Der Genuß der Schild¬
kröten und ihrer Eier ist für manche Völkerschaft ein höchst wichtiges
Nahrungsmittel, für die Europäer eine kostbare Leckerei, ihre Schale
wird zu künstlichen Arbeiten, z. B. zu Kämmen, gebraucht. Auch werden
einige Theile der Amphibien zu Arzneien verwendet, z. B. Froschlaich
zu Pflaster. Übrigens nützen sic uns mittelbar weit mehr dadurch, daß
sie zum Theil von solchen Thieren leben, welche sich sonst zu unserer
Plage vermehren würden, z. B. Schnaken, Mücken, Schnecken. Und man
sieht wenigstens, daß sie in dem großen Haushalte der Natur keine un¬
nützen Glieder sind. Auch sie freuen sich des Lebens und schaffen andern
Geschöpfen Lebensfreuden.
60. Die Eidechsen.
Daß viele Menschen sich vor den Schlangen fürchten, davon¬
springen oder sie deö Lebens berauben, Das ist noch wohl begreiflich,
weil man sie für gefährlich hält und im zweifelhaften Falle lieber eine
ungiftige todtschlägt, als von einer giftigen sich beißen läßt. Aber
warum sind viele Leute sogar den Eidechsen feind, diesen unschuldigen
Thieren, die Niemanden beleidigen, Niemanden schaden, vielmehr dem
Landmanne nützlich werden, indem sie von allerlei kleinen Insekten oder
sogenanntem Ungeziefer sich nähren? Höchstens können sie euch ein
wenig erschrecken, wenn ihr so in euren stillen Gedanken dahinwandelt
und auf einmal Etwas im Laube rauscht. Aber Wer ein'gutes Ge¬
wissen hat, muß sich gewöhnen, nicht vor Allem zu erschrecken. Wer
ein böses Gewissen hat, dem ist freilich in diesem Punkte übel rathen:
„Der Wind im Hain, das Laub am Baum
saust ihm Entsetzen zu."