Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

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Weise bemannt, und sind diese beiden Boote zu klein, um die gehörige Masse 
Seile zu fassen, so schickt man gern noch ein drittes hinten drein, welches mit 
Seilen beladen diesen im Falle der Noth zu Hülfe kommen soll. Außerdem 
befinden sich in diesen Booten noch mehrere lange Lanzen. Rasch, aber mit 
möglichst leisen Ruderschlägen, nähert sich das Boot dem Walfisch, und sobald 
es auf Wurfweite angekommen ist, schleudert der Harpunier sein Geschoß ab, 
und diesem folgt, wenn er etwa fehlte, oder die Harpune bei der ersten Be¬ 
wegung des Wales ausriß, der Harpunier des zweiten Bootes. Sobald der Wal 
die Harpune empfindet, macht er eine rasche Bewegung vorwärts und stürzt 
sich nun mit voller Gewalt, um seinen Feinden zu entgehen, in die Tiefe des 
Meeres; diese Gewalt ist oft so ungeheuer, daß das Thier seinen Unterkiefer 
am Meeresgrund zerschellt; begreiflicherweise wird das Seil der Harpune da¬ 
durch sehr schnell abgerollt und muß immerfort mit Waffer begosien werden, 
damit es sich an der Rolle nicht erhitze. Um möglichst Seil zu sparen, rudern 
jetzt die Leute im Walfischboot so schnell als sie können, denn reißt das Seil, was 
besonders dann geschieht, wenn der Walfisch sich unter Eisberge begibt, so ist 
Alles verloren. Nach etwa zehn Minuten kommt der Walfisch empor, um Luft 
zu schöpfen, und wird dann nochmals harpunirt; jetzt aber tobt er fürchterlich, 
peitscht das Wasser rings umher in Schaum, und bläst, wenn er schwer ver¬ 
wundet ist, Blut auS seinen Blaselöchern. Die Erschöpfung erlaubt ihm jetzt 
nicht mehr oder nicht lange unterzutauchen. Die Boote aber bleiben immer, 
jedoch mit der gehörigen Vorsicht, in seiner Nähe und steuern endlich, sobald 
er matt geworden, auf ihn zu, um ihn mit langen Lanzen vollends zu erstechen. 
Blut und Thran entquillt nun seinen Wunden, so daß das Meer sich ringsum 
roth färbt, und der ungeheure Leichnam schwimmt auf dem Master. Eine 
Siegesflagge wird jetzt auf ihm befestigt, und er wird mit vereinten Kräften an 
das Schiff hingezogen, das dieser Jagd in ziemlicher Entfernung folgte. Dort 
ist jetzt Alles bereit; Speckfässer sind hergerichtet, die Speckjungen mit langen 
Messern und Steigeisen an den Füßen bewaffnet, und die Schiffswinden be¬ 
reit, um den Koloß an der Seite des Schiffes festzuhalten und etwas heraufzu¬ 
winden; ganz kann dies nicht geschehen, weil der Walfisch das Schiff in das 
Meer hinabziehen würde. Nun steigt ein Theil der Mannschaft, die Speck¬ 
jungen, hinab, schneidet in regelmäßigen Streifen den Speck los, andere ziehen 
ihn hinauf auf das Verdeck, und die Leute im Schiffsraum sind damit beschäf¬ 
tigt, ihn in kleinere Stücke zu schneiden und in Tonnen zu packen. Also endigt 
diese gefahrvolle Jagd. 
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