Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

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Hunderts konnte ein Ncntlinger Bürger für zehn Schillinge, d. h. für etwa vier und 
zwanzig Kreuzer, im Schönbuch so viel Zimmerholz nehmen, als er zn einem ganzen 
Hanse brauchte; für eine Eiche zahlte er sechs Heller, für eine Buche vier. Das ist gut, 
wenn Alles so wohlseil ist, aber mehr für den, ders kauft, als für den, ders verkauft; 
und wenn der Preis von Allem nieder ist, so ist es auch der Preis der Arbeit, d. h. 
der Lohn. Mil dem Ende dieses Zeitraumes wurde es aber auch hierin anders. Ame¬ 
rika wurde entdeckt und von dort brachte man Jahr für Jahr, und das Jahrhunderte 
hindurch, Gold und Silber nach Europa, und je mehr man brachte, um so wohlfeiler 
wurde das Geld und um so theurer die Waare. 
157. Herzog Eberhard der ältere oder Eberhard Dart. 
(geb. 1445. | 14%.) 
Im Jahr 1495 hatte der deutsche Kaiser erneu sogenannten ewigen 
Landfrieden zu Stande gebracht. Graf Eberhard von Württemberg hatte 
dazu wesentlich mit beigetragen. Aus Dankbarkeit dafür wurde noch in dem¬ 
selben Jahr Eberhard zum Herzog erhoben, eine Würde, welche über drei 
Jahrhunderte bei dem Haus Württemberg verblieb. Eberhard im Bart war, 
wie ein Zeitgenosse von ihm sagt, „klein von Person, aber großmächtig von 
Herzen". In der Jugend war er vernachlässigt worden; er suchte aber später¬ 
hin diesen Mangel möglichst zu ersetzen, wobei ihm seine trefflichen Geistes¬ 
gaben und sein gutes Gedächtniß sehr zu Statten kamen. Immer suchte er 
seine Kenntnisse zu vermehren, und ging deßwegen am liebsten mit weisen und 
gelehrten Männern um. Was ihm einer von diesen, Georg von Ehingen, 
von fremden Welttheilen erzählte, erweckte in dem Grafen die Lust, eine 
Pilgerfahrt ins gelobte Land zu machen, die zugleich nach damaligen Vor¬ 
stellungen eine Art von Buße für die Vergehen seiner Jugend sein sollte. 
Mit den Worten „ich wagsl" , die auch später sein Wahlspruch blieben, trat 
er im Jahr 1468 die Reise an. Nach sechs Monaten kam er glücklich wieder 
zurück, bereichert mit allerlei Kenntniffen und Erfahrungen. Ein Weißdorn, 
den er als ein kleines Reis aus Palästina mitgebracht und im Einsiedel bei 
Tübingen in die Erde gesteckt hatte, wuchs dort zu einem mächtigen Baum 
heran, und hat bis auf die neueren Zeiten das Andenken an diese Pilgerfahrt 
als lebendiges Denkmal bewahrt. (S. Nr. 159.) 
In der Gottesgelahrtheit übertraf er viele Geistliche und kannte das alte 
und neue Testament so genau, als ein Professor. Das Evangelium Johannis 
war sein liebstes Buch. Einen der angesehensten Gelehrten jener Zeit, Johann 
Reuchlin, hatte er um sich. Seine Liebe zu den Wissenschaften und insonder¬ 
heit zur Gottesgelehrsamkeit bewies er vor allem durch die Stiftung der hohen 
Schule zu Tübingen, im Jahr 1477. Diese Anstalt, welcher unser Vaterland 
so viel verdankt, gründete er, wie er selbst sagt: „zur Ehre Gottes, der ganzen 
Christenheit zu Trost, Hüls und Macht, auch der Herrschaft Württemberg Lob, 
Ehr und Nutzen zu erwerben, und in der guten Meinung, graben zu helfen 
den Brunnen des Lebens, daraus von allen Enden der Welt unerstchtlich ge¬ 
schöpft werden möge tröstliche und-.heilsame Weisheit zu Erlöschung des ver¬ 
derblichen Feuers menschlicher Unvernunft und Blindheit." Für die kirchlichen 
Bedürfnisse seines Landes sorgte Eberhard aufs eifrigste. Er hielt bei seinen
	        
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