Full text: Lesebuch für die evangelischen Volksschulen Württembergs

428 
gerettet werden konnte. Auch die Todten, die aus dem Schutt 
hervorgegraben wurden, wurden aufs Rathhaus gebracht, damit 
sie von den Ihrigen zu einem ehrlichen Begräbniss konnten ab¬ 
geholt werden. Viele Hülfe wurde geleistet. Obgleich Krieg 
zwischen England und Holland war, so kamen doch von Lon¬ 
don ganze Schifte voll Hülfsmittel und grosse Geldsummen für 
die Unglücklichen, und das ist schön — denn der Krieg soll nie 
ins Herz der Menschen kommen; es ist schlimm genug, wenn 
er aussen vor allen Thoren und vor allen Seehäfen donnert. 
199. Der Commandant und die badischen Jäger in Hersseld. 
Folgende Begebenheit verdient, daß sie im Andenken bleibe; und 
wer keine Freude daran hat, den will ich nicht loben. 
Als das französische Heer und ein großer Theil der bundes- 
genossischen Truppen in Polen und Preußen stand, befand sich ein 
Theil des badischen Jägerregiments in Hessen und in der Stadt 
Hersfeld aus ihrem Posten. Denn dieses Land hatte der Kaiser 
Napoleon im Anfang des Feldzuges eingenommen und mit Mann¬ 
schaft besetzt. Da gab es nun von Seiten der Einwohner, denen 
das Alte besser gefiel als das Neue, mancherlei Unordnungen, und 
es wurden besonders in dem Orte Hersseld mehrere Widersetzlichkeiten 
ausgeübt und unter andern ein französischer Offizier getödtet. Das 
konnte der französische Kaiser nicht geschehen lassen, wahrend er mit 
dem zahlreichen Feind im Angesicht kämpfte, daß auch hinter ihm 
Feindseligkeiten ausbrachen, und ein kleiner Funke sich zu einer großen 
Feuersbrunst entzündete. Die armen Einwohner von Hersseld be¬ 
kamen daher bald Ursache, ihre unüberlegte Kühnheit zu bereuen. 
Denn der französische Kaiser befahl, die Stadt Hersfeld zu plündern, 
und alsdann an vier Orten anzuzünden und in Asche zu legen. Dieses 
Hersfeld ist eine Stadt von etwa 5000 Einwohnern, hat viele Fa¬ 
briken und viele reiche und wohlhabende Einwohner und schöne Ge¬ 
bäude; und ein Menschenherz kann wohl empfinden, wie es nun den 
armen Leuten, den Vätern und Müttern zu Muthe war, als sie die 
Schreckenspost vernahmen; und der arme Mann, dem sein Hab und 
Gut auf einmal auf dem Arm konnte weggetragen werden, war jetzt 
so übel dran, als der Reiche, dem man es auf vielen Wagen nicht 
wegführen konnte; und in der Asche sind die großen Häuser auf dem 
Platz und die kleinen in den Winkeln auch so gleich, als die reichen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.