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die Eiche. Mark und Fülle 'zeigt ihr Wuchs, von der tiefaus¬
greifenden Wurzel bis zum festen, schildgleichen Blatt und der
derben, bronzenen Frucht. In dem trotzigen Zickzack ihrer Aeste
und in den großartigen Verkrümmungen ihres Stammes steht sie
da als Baum der Stärke, gleichsam als lege sie sich aus zum
zerschmetternden Streiche; sie ist der graue Wälderkönig, den der
Adler sucht und der Held zum Bilde nimmt.
Auch darin scheint sich die heroische Natur des Baumes an¬
zukündigen, daß er sich nie zu eigentlichen Waldungen häuft, der
Eichenwald ist nicht viel mehr als eine poetische Figur. Denn
die Eiche steht einsam, oder im Gemisch [mit anderen Laubarten
zu schönen Gruppen zusammen.
In ihrer ganzen Großartigkeit erscheint die Eiche auf der
Höhe des Gebirges. Weit über die Quaderwände hinaus, tief
in die steinernen Rippen schlägt die Wurzel ihre mißgestalteten
Pranken, als welle sie die Erde spalten, und ans dem Grunde
treibt und wächst es hinauf, langsam, aber riesengroß, bis zu der
luftigen Wolkenstraße selber. Wie ein undurchdringlicher Harnisch
legt sich die tief durchrissene Rinde dem Recken um Leib und
Glieder, zornig zucken die knorrigen Aeste, und wo der Nordwind
seine Speere gegen den Eichenstamm schleudert, deckt ihn die zot¬
tige Mooshülle mit dichtem Schilde.
(vr. H. Masius „Naturstudien").
Der Buche
gebührt unter unseren Waldbäumen der Preis. Sie liebt sanft¬
gehobene Flächen und tritt gern von den Höhen des Gebirges auf
die sonnigen Hügelzüge am Fuße herab, weßhalb unser Land ihre
Heimath, das Vuchenland ist.
Unter allen Bäumen ist die Buche der geselligste; sie schießt
ihre Wurzeln nicht tief in's Erdreich, sie muß sie mit ihren
Schwesterbäumen kreuzen. So mit verschlungenen Wurzeln und
Wipfeln trotzt ein Buchenwald den Stürmen und dem Sonnenbrand.
Allein, ohne andern Schutz erliegt die Buche bald der Witterung.
In Jugendkraft, leicht und doch stolz, wie aus Stahl, steigt der
runde Schaft hinan. Glatt und dicht umschließt ihn die silber¬
graue Rinde von keinem Moose benagt, und wo es geschieht, im
freundlichen Gegensatze zu dem Sammetgrün desselben. Fast meint
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