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2. Sage- — Schleswigs Lage ist vortrefflich; nichts Gro߬
artigeres kann man von unserer nördlichen Natur beanspruchen,
als die Rundschau auf die Peripherie der Stadt vom Möwen¬
berg ans, oder den Blick von den die Stadt eincirkelnden Ab¬
hängen auf das häuserumrahmte Schleithal. Einsam und ver¬
wittert liegt der Stadt gegenüber das Kirchlein Haddebye; noch
jetzt will die Sage, daß Zauberei und Herenmacht in diesem ge¬
weihten Kirchspiel nie eine Stätte gefunden, weßhalb der ver¬
drießliche Teufel einst auf dem Blocksberge auch die Gestalt des
dortigen Pastoren annahm. Minder heilig ist der düstere Reiz,
der um die im Nordwesten der Stadt liegenden chübschen Holzungen,
Thiergarten und Poel, schwebt, wo des ruhelosen Abels wilde
Jagd um Mitternacht durch die Lüfte einherbraust. Die Stadt
ist leider seit dem 15. Jahrhundert zu einer Landstadt herab-
gesunkeu, da die unzeitige Dienstleistung der befreundeten Holsteiner
im Jahre 1426 die Mündung der Schlei verstopfte, so daß nur
unbedeutende Fahrzeuge seitdem einsegeln können.
(Nach H. Biernatzki u. O. Koch.)
SÄ. König Abels Tod.
„Frei nennt ihr die Krisen? Nun ja, so lang es dauert,
Indeß, das Netz der Knechtschaft schon auf sein Opfer lauert.
Was will dieß Haustein Bauern ans seinen nackten Weiden?
Mir trotzen? Nun, so soll es denn büßen drob und leiden!
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Und hab' ich denn gezittert und war mein Herz beklommen,
Als ich dem Bruder Erich die Krön' vom Haupt genommen?
Sein albernes Vertrauen hat er gebüßt, ich tauge
Zum Henker nicht und darum bist du gewählt, Freund Lauge.
Es schreit das Volk nach Rache, mit Blitzen drohn die Pfaffen,
Und von des Königs Reue erzählen sich die Lassen;
Doch, eine Königskrone trag' ich auf meinem Haupte!
Und wer vermag zu rächen, daß muthig ich sie raubte?
Hab' ich mit andern Zwölfen nicht einen Eid geschworen:
Ich wüßte nichts vom Morde? Hab' ich, was er verloren
Als Erbe nicht erhalten? So sprecht, wer will's mir wehren, .
Den Frisen mit dem Schwerte Gehorsam nun zu lehren?"