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6.
Kommst du mit zerrissnem Herzen,
Mutter weinet still mit Dir;
Kommst Du mit der Freude Jubel,
Gleiche Freude bringst Du ihr.
7.
Und der Mutter Tage kürzet
Wer Dich haßt und Dich betrübt;
Ihren Lebensfaden spinnet
Wer Dich, theures Leben, liebt.
8.
Wenn sich einst die Stunde naher,
Da der Mutter Auge bricht:
Ach, vergiß im raschen Wechsel
Deiner Mutter Liebe nicht!
9.
Das Gedächtniß ihrer Liebe
Mildre Deinen harten Sinn,
Führe Dich nach Kampf und Ringen
Gern zu stillen Freuden bin.
10.
Schlummre, lieber, süßer Knabe,
Ruhig in der Mutter Arm,
Nur an ihrem treuen Busen
Schläfst Du sicher, sanft und warm!
AS. Sehet die Vögel unter dem Himmel an.
(Von Biernatzki «ein Gesicht" genannt.)
Und wieder war der Himmel geöffnet, wie in der Zeit, da
Jacob, der Sohn Isaaks, schlummerte auf dem Felde. Aus dem
lichten Gewölk, das den Eingang zu der Stätte der Engel, die das
Angesicht Gottes umwallte, ging herab die Leiter hinein in die
schweigende Nacht der tvinterlichen Erde. Die Strebesäulen der
Leiter waren wie zwei breite, von Morgendüften umflossene Sonnen¬
strahlen, und die Stufen wie Mondenschimmer, durchblitzt von
Sternenlicht. Niederstieg ein Bote Gottes, Anfangs anzuschauen
wie ein weißes, duftiges Gewölk, das sich wieget am Sommertage
in dem blauen Himmelsmeer; dann näher zur Erde schwebend er¬
schien seine Gestalt, wie den Himmlischen die Gestalt einer frommen
Seele erscheinen mag, wenn sie in dem verklärten Leibe, für den
unser Auge keinen Blick hat, der Heimath beim Vater zueilt. Mein