Full text: Der katholische Volksschüler in der Oberklasse

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klärt; die meisten Regenten erhielten die ihnen früher entrissenen 
Länder wieder; Sachsen aber, dessen König zu lange an Napoleon 
hieng, mußte einen großen Theil seines Landes an Preußen abtreten; 
Oesterreich bekam die Lombardei, Jllyrien und Dalma¬ 
tien, und so wurde endlich die Ruhe nach einer langen Reihe von 
Jahren wieder hergestellt. 
63. Die neueste Leit. 
Von jetzt an genoß Deutschland lange Jahre die Segnungen 
des Friedens. Handel und Gewerbe hoben sich wieder, und unser 
theures Vaterland begann sich wieder aus der Armuth empor zu 
arbeiten, in welche es durch die vielen Kriegsjahre gestürzt worden 
war. Der steigende Wohlstand des Volkes führte aber auch nach 
und nach die untern Volksklassen zur Ueppigkeit und Genu߬ 
sucht, sowie zu einem übertriebenen Lupus. Nur Wenige blieben 
den einfachen Sitten unserer Voreltern treu, man suchte ein behag¬ 
liches und bequemes Leben zu führen, kleidete sich über seinen Stand, 
scheute die Arbeit und gieng dadurch aufs Neue der Verarmung 
entgegen. Es regte sich an verschiedenen Orten ein Geist der Un¬ 
zufriedenheit und Unruhe; man suchte den Grund der überhandneh¬ 
menden Verarmung allein in den hohen Staatsabgaben und wollte 
die eigene Schuld natürlich nirgends erkennen und zugestehen. 
Als endlich im Februar des Jahres 1848 in Frankreich eine 
neue Revolution ausbrach, erhoben sich auch die deutschen Völker. 
Fast allgemein forderten sie von ihren Fürsten und Regierungen 
Freiheit der Presse, allgemeine Volksbewaffnung und Ab¬ 
schaffung des eigentlichen Militärs, Verminderung der 
Abgaben u. s. w. Die meisten dieser Forderungen wurden ge¬ 
währt; allein das Volk erwartete plötzliche Erleichterung, welche 
bei der allgemeinen Creditlosigkeit nicht möglich war. Jetzt wurde 
die republikanische Staatsform als die beste und beglückendste 
gepriesen; aber man sprach nicht von jenen hohen Tugenden, welche 
dem ächten Republikaner eigen seyn müssen, nämlich Uneigen- 
nützigkeit, Redlichkeit, Selbstaufopferung für das Wohl 
des Vaterlandes, Mäßigkeit und Arbeitsamkeit und vor Allem 
Achtung und Gehorsam gegen das Gesetz. — Diese glänzen¬ 
den Tugenden waren es, welche die Griechen und Römer in ihrer 
Blüthezeit schmückten. Die Republik ist nicht ein wilder, gesetz¬ 
loser Zustand, wie ihn so Manche herbeisehnten, um mit roher 
Gewalt und blutbefleckter Hand das wohlerworbene Eigenthum An¬ 
derer an sich reißen und ihre Laster ungestraft befriedigen zu können, 
wie wir dieses mit Abscheu iu den Schreckenstagen Frankreichs wahr¬ 
genommen haben. In Republiken muß das Gesetz wenigstens
	        
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