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B. Zur Länderkunde,
Kleine Antilopen, wie den Ducker und Steinbock, erlegt der Buschmann, indem
er sich möglichst nahe heranschleicht und mit seiner Wurfkeule ein Bein zu zerschmettern
sucht. Dann holt er das Tier int Lauf nach längerem Hetzen ein und stößt es nieder.
Auch anderes kleines Wild, wie Hasen, Perlhühner, Frankoline, Narnakwaseldhühner
u. a., tötet er auf diese Weise.
Von größtem Interesse ist aber naturgemäß die Jagd auf größere Tiere, wie
Antilopen, Zebras u. a., die heutzutage immer noch ausgeübt wird. Wir wollen ein-
mal versuchen, die Jagdmethoden zu schildern auf Grund lebendiger Darstellungen
aus dem Munde von Buschmännern und auf Grund eigener Beobachtungen. Kehren
wir also zu unserm Buschmannlager zurück. Heute soll eine Jagd auf Gemsböcke
gemacht werden, die gestern in der Nähe einer Brackpfanne gesehen worden sind.
Mit Sonnenaufgang brechen die Jäger auf, die Lanze in der Hand, die Köcher
wohlgefüllt. Der Bogen ist höchstens einen Meter lang und besteht aus einem ge-
glätteten, an den Enden zugespitzten, runden Stab. Die Pfeile bestehen aus Rohr,
das am unteren Ende eingekerbt ist. Die Spitze besteht aus Knochen von der Giraffe
oder vom Strauß und zerfällt in zwei Teile. Ein dickeres, stumpferes, unvergiftetes
Stück ist mit einem dünneren, spitzeren, vergifteten Stück verbunden durch eine
Grashülse, die mit Sehnenfäden umwickelt uud mit Harz zusammengeklebt ist.
Beim Nichtgebrauch steckt die vergiftete Spitze im Rohr, vor dem Gebrauch wird
sie umgedreht.
Unfre Jäger haben die Brackpfanne erreicht. Die Gemsböcke haben in einer
Stärke von etwa 20 Stück nachts „gebrackt" und sind nach Osten abgezogen. Die
Spuren zeigen das deutlich. Ein Kriegsrat wird abgehalten. Einige Lente sollen
in der Richtung der Greuze des Familiengebiets Posto fassen und die Gemsböcke
gegebenenfalls zunickscheucheu. Andre sind dazu bestimmt, anzuschleichen und zu
schießen. Diesen schließen wir uns an.
Der kräftige Ostwind ist günstig, denn wir gehen gegen den Wind. Vorsichtig
der Spur der Tiere folgend, geht's vorwärts durch den dichten Busch. Bei jeder
Biegung macht man halt und blickt um das Gebüsch herum. Kein Wort fällt, kein
Ast knackt. Dort steht ein hoher Termitenbau, einer steigt vorsichtig hinauf und
hält Umschau. Nichts ist zu sehen. Eine halbe, eine ganze Stnnde ist verstrichen, da
öffnet sich der Busch. Eine Grasfläche von einigen hundert Metern dehnt sich aus,
und dort stehen auch die Gemsböcke und weiden arglos das Gras ab. Ein prächtiger
Anblick, solch eine Herde! Von dem rötlichgrauen Fell hebeu sich die schwarzen
Streifen der Flanken und des Kopses ab. Die langen, geraden, schwarzen Hörner
ragen hoch in die Lust, wenn das Tier frißt, schmiegen sich aber dem Rücken an, wenn
es die Nase hebt und wittert.
Jetzt heißt es sich heranschleichen. Tie Buschmänner verteilen sich, nm von
verschiedenen Seiten vorzugehen, und um, wenn sich die Tiere fortbewegen sollten,
mehr Chancen zu haben, zum Schuß zu kommen. Wir folgen einem der Jäger.
Anfangs schleicht er dnrch das dichte Gebüsch, ungefähr nm die Lichtung herum, bis
ein Gesträuch, das einsam in der Grasfläche steht, zwischen ihm und der Herde liegt.
Nun bückt er sich tief, tief hinab, so daß sein Rücken von dem über kniehohen Gras
bedeckt wird, und läuft, die Tiere unausgesetzt beobachtend, auf den Busch zu. Sobald
diese aufsehen, fällt er nieder. Wenn sie fressen, läuft er, so schnell er kann, vorwärts.
Dieser Lauf ist gauz eigentümlich. Beim gewöhnlichen Laufen wippt der gebeugte
Oberkörper bekanntlich auf und nieder, er würde beim Beschleichen des Wildes, im
Grase auf-- und niedertaucheud, die Aufmerksamkeit erregeu. Uni dieses zu vermei-