§ 21. Deutschland und Ludwigs XIV. letzte Kriege. 93
und mit ihm einen geheimen Vertrag zur Wiederherstellung des Katho¬
lizismus in England abschloß. Als sein Bruder Jakob, der voraus¬
sichtliche Thronfolger, offen katholisch wurde, erzwang das aufgeregte Par¬
lament vom König die sog. „Prüfungsakte", wonach Katholiken von allen
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Atntern ausgeschloifeu waren, und die „Habeascorpns-Akte , die zu einer Me.
Verhaftung einen schriftlichen richterlichen Befehl erforderlich machte,
Staatsgesetze, die eine wichtige Fortbildung der englischen freien Verfassung
bedeuteten. Nach Karls II. Tode folgte zwar unter dem Schutz des könig¬
lich gesinnten Adels der katholische Jakob II. (1685—1688), der nicht Jakob n.
nur die „Prüfungsakte" wieder anfhob, sondern sofort den Katholiken hohe
Beamten- und Offizierstellen einräumte. Als 1688 dem Könige ein Thron¬
erbe geboren wurde und somit die katholische Dynastie gefestigt er¬
schien, da wandten sich die damit unzufriedenen Führer des Volkes an
Wilhelm III. von Oranten, der Jakobs ältere Tochter Maria zur
Gemahlin hatte, mit der Aufforderung, den Protestantismus und die be¬
drohte Freiheit in England zu schützen. So erschien der Oranier, tiom ^belmhl von
Großen Kurfürsten ans protestantischem Interesse lebhaft unterstützt, im
Herbst 1688 in England, wo das Parlament nach dieser „Glorreichen lution.
Revolution", die ohne Schwertstreich verlief, ihm und seiner Gemahlin
Maria die königliche Würde übertrug. Gleichzeitig wurde festgesetzt, daß
diese nie auf einen Anhänger der katholischen Kirche übergehen dürfe, unb
daß der König nie das Recht haben solle, irgend jemand von einem Gesetze
zu befreien. Großbritannien und Holland waren somit durch „Per¬
sonalunion" verbunden, und Wilhelm III. konnte jetzt mit größerem
Nachdruck in den Kamps gegen Ludwig XIV. eingreifen.
Ehe uoch eine kraftvolle Abwehr zu befürchten war, ließ Lud- Der 3.Raubkrieg,
wig XIV. int Herbst 1688 gegen 80000 Mann in der Pfalz einrücken.
Doch hinderten ein sächsisches und ein brandenburgisches Heer das wei¬
tere Vordringen der Franzosen. Da diese nicht imstande waren, die
Pfalz zu behaupten, so befahl der König auf den Rat feines Kriegs¬
ministers Louvois, man solle dies Land und seine deutschen Nachbar¬
länder zur Sicherung der französischen Grenze in eine Wüste verwan¬
deln. So kam der große Mordbrand über die „fröhliche Pfalz". In 9£f?6ra0nb
, rvy.. , , „ ' ;. ’ ' u m der Pfalz 1688.
deut Winter von 1688 auf 1689 wurden neben unzähligen Dörfern und
kleinen Städten Kreuznach, Worms samt dem Dom, Speyer, Franken¬
thal, auf der rechtsrheinischen Seite Mannheim, Durlach, Bruchsal,
Rastatt, Baden, Pforzheim, dazu teilweise Würzburg in Asche gelegt,
die Einwohner ermordet oder entsetzlich mißhandelt, die Speyrer
Kaisergräber verwüstet. Ein großer Teil des herrlichen Schlosses zu ®a3|e^jf66eraei:
Heidelberg wurde vier J>ahre später teils verbrannt, teils gesprengt
und die Mehrzahl der Kirchen und Uuiversitätsgebände der Stadt ver¬
nichtet. Die französischen Soldaten selbst, die sich bis zum Umhauen der
Obstbäume und Rebstöcke erniedrigen, ja, auf die sich in den Trümmern
einnistenden Bewohner schießen mußten, sollen nur mit äußerstem Wi¬
derwillen den Mordbefehlen ihres Generals Melac gehorcht haben.