Full text: Geographische Skizzen aus Europa

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2100 Menschen bewohnt. Durch eine schmale, überbrückte Meer¬ 
enge voller Eilande wird sie vom Festlande abgetrennt. Der 
Hauplort der Insel ist das Pfarrdorf »Kirchdorf«. Von hier aus 
kann man in westlicher Richtung über die »Lips« hinweg das 
schöne Dorf Boltenhagen erblicken, das eine i. I. 1845 errich¬ 
tete, jetzt aber schon starkbesuchte Seebadeanstalt besitzt. Bei Bol¬ 
tenhagen breitet sich das fruchtbare »Klützer Ort« aus, das unter 
Anderem das ansehnliche Stammschloß der Grafen von Bothmer 
nebst schönen Gartenanlagen und Thierpark enthält. Zwischen Bol¬ 
tenhagen, Wismar und Lübeck herrscht reger Verkehr. Im Süden 
von Poel und westwärts von Wismar erblicken wir das geschicht¬ 
lich merkwürdige Dorf »Proseken«, bei dem i. I. 789 die von 
Karl dem Großen besiegten Wenden getauft wurden, die aber spä¬ 
ter wieder abfielen. Im Nordosten von Poel taucht ein kleines 
Eiland, der sog. »Lange Werder«, aus den Fluthen empor. 
Gehen wir von Wismar aus über die Dörfer Redentin, 
zugleich Amtssitz, und Dreveskirchen dem Strande entlang, so 
stoßen wir auf das »Salz-Haff«, einen kleinen Busen der Ostsee, 
der vom Festlande eine Landzunge abschneidet, auf der die Güter 
Groß- und Klein-Wustrow liegen. Am nördlichsten Zipfel des 
Salzhaffs erreichen wir das Kirchdorf Alt-Gaarz, von dem aus 
wir unsere Reise nach Nordost fortsetzen. Kommen wir nach dem 
Dorfe Bruns h aup ten, so gewahren wir am Strande der Ostsee 
eine dammförmige Erhebung, die aus allerlei Felsgeschieben besteht. 
Sie wird der »Heilige Damm« genannt und bildet eine natürliche 
Vormauer gegen die Sturmfluthen der Ostsee. Bei einer Breite , 
von 100 und einer Höhe von 12—16 Fuß hat dieser Wall eine 
Länge von einer Stunde. Betrachten wir die Masse, aus der der 
Damm zusammengesetzt ist, näher, so sehen wir, daß sie aus lauter 
losen, runden, glattgeschliffenen Steinen von verschiedener Form 
und Farbe, die das Meer aufgethürmt hat, besteht. Hier liegt auch 
in heiterer, lieblicher Landschaft der Marktflecken und das viel¬ 
besuchte und berühmte Seebad Dobber an. Letzteres ist die älteste 
Seebadeanstalt Deutschlands, da sie schon i. I. 1793 eingerichtet 
wurde. Außer diesem Seebade benutzen die Kurgäste auch schon 
seit mehreren Jahren die hiesige Schwefelquelle, sowie einen Bitter¬ 
wasser- und Stahlbrunnen. Das Angenehme und der Reiz der 
Umgebung des 3500 Einwohner zählenden Marktfleckens Dobberan 
hat die mecklenburgischen Fürsten bewogen, hier ein Schloß, frü¬ 
her Abteigebäude, und ein Palais zu erbauen. Während der Bade¬ 
saison werden das Schauspielhaus und die Pferderennen fleißig 
besucht. Dobberan ist aus der gleichnamigen, i. I. 1173 gestifte¬ 
ten, berühmten Benediktiner - Mönchsabte'i, die 1552 säcularisirt 
wurde, entstanden. Die hiesige ansehnliche gothische Kirche ladet 
zum Besuch ein. In derselben ruhen zwei obotritische Könige, 
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