Full text: Grundzüge der allgemeinen Erdkunde

über die Erdoberfläche. 
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dasselbe bis zu der nämlichen Höhe erheben, und so die Vertheilung von 
Wasser und Land gänzlich umgestalten. Wollte man läugnen, daß das 
trockene Land einmal das Bett des Oceans gewesen sey, wie wollte man 
sich dann das Vorkommen organischer Ueberreste im Gestein erklären? 
Man bars nicht glauben, daß die alten Muscheln, die man im Gestein 
findet, nur über die Oberfläche desselben hingestreut seyen; sie bilden 
vielmehr einen eigenen Bestandtheil der Schichten und haben dieselben ch 
durchdrungen, daß Gebirgsarten und Muscheln zu derselben Zeit abgelagert 
worden seyn müssen. Was einst Meeresgrund war, ist nun trockenes Land, 
es muß daher entweder das trockene Land, wie es damals eristirte, unter 
das Niveau der alten Bassins hinabgesenkt worden seyn und ihren Inhalt 
in sich aufgenommen haben, oder aber der Meeresgrund so weit gehoben 
worden seyn, daß flch neue Thäler zur Aufnahme der Gewässer bildeten. 
Welche dieser beiden Ursachen das gegenwärtige Verhältniß zwischen Land 
und Wasser hervorrief, liegt außer allem Zweifel. Es gibt Gebirgsarten, 
welche durch eine gewaltsame Bewegung aus einer horizontalen in eine 
sehr geneigte oder gar vertikale Lage gebracht wurden. Ungeheure Massen 
vulkanischen Gesteins sind aus dem Innern der Erde geworfen worden, 
und bilden nun gleichsam unbewegliche Mauern, an welchen die gestörten 
Schichten der Reihe nach aufgethürmt sind. Man darf vielleicht einige 
örtliche Veränderungen dem Einsinken zuschreiben; alle große Bewegungen 
aber, denen die Erdrinde unterworfen war, müssen der Erhebung zuge¬ 
schrieben werden. 
Wir brauchen in geologischer Beziehung nicht sehr weit zurückzugehen, 
um Beispiele einer Veränderung in dem Verhältniß zwischen Wasser und 
Land aufzufinden. Die alten Meeresküsten gehören unter die neuesten geo¬ 
logischen Formationen, und zeugen von einer wenigstens theilweisen, ob¬ 
wohl keineswegs unwichtigen Erhebung, die nach der Ablagerung der 
neuesten tertiären Gebirgsarten stattfand. An der Küste von England 
findet man zahlreiche Beispiele, aus denen hervorgeht, daß die Küste an 
mehreren Punkten des Meeresufers, welches sich durch Anschwemmen von 
Muscheln, Kieselsteinen und anderen Seeprodukten erzeugt hatte, emporge¬ 
hoben wurde. Zwar wollen mehrere Geologen diese alten Meerufer nicht 
als Produkte der Erhebung anerkennen, allein der Umstand, daß sie nur 
hie und da und in kleinen Massen vorkommen, ist noch kein Einwurf gegen 
die Theorie; denn eö läßt sich mit Grund annehmen, daß die durch die 
Erhebung erzeugten Brüche eine Unterbrechung der Schichten herbeigeführt, 
und daß die störenden Kräfte, welche seit diesem Ereigniß nun Jahrhun¬ 
derte lang auf jene Küsten wirkten, aller Wahrscheinlichkeit nach den 
größeren Theil der Massen, die als Zeugnisse jener Umwälzung zurückge-
	        
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