Full text: Grundzüge der allgemeinen Erdkunde

378 Der wesentliche Nutzen des Salzgehaltes im Meerwasscr. 
4) Binnenmeere sind immer weit weniger salzig als der Ocean; 
ebenso auch diejenigen Wasscrkörper, welche in der Nähe von großen Eis¬ 
massen liegen. Binnenmeere enthalten deßhalb keine so große Quantitäten 
Salz als der Ocean, weil ihnen immer eine so große Menge süßes Wasser 
durch die Flüsse zugeführt wird. Die Gewässer des mittelländischen Meeres 
enthalten jedoch ein größeres Maaß Salz als der Ocean, ungeachtet man 
vermuthen sollte, daß dieselbe Ursache hier auch dasselbe Ergebniß liefern 
müßte, wie anderswo. Seit der Entdeckung dieses Factumö haben die Gelehr¬ 
ten sich bemüht, Gründe dafür aufzufinden. Die Hauptschwierigkeit besteht 
nun aber darin, zu erklären, warum die Gewässer dieses Meers nicht all- 
mählig salziger werden. Ungeachtet nämlich diesem Meere eine so große Menge 
Wasser durch die zahlreichen Ströine, deren Bassin es ist, zugeführt wird, so 
ist doch ihre Summe nicht hinreichend, um das, was durch die Verdunstung 
an der Oberfläche verloren geht, zu ersetzen, sondern das allgemeine Niveau 
muß durch eine beständige Strömung von Osten her durch die Straße von 
Gibraltar erhalten werden. Alle diese Unistände würden nun offenbar 
dahin zielen, den Salzgehalt des mittelländischen Meeres allmählig zu stei¬ 
gern und es endlich in ein gesättigtes Salzwasser zu verwandeln. Die 
Ursache, welche dieß verhindert, soll in einer unterseeischen Strömung be¬ 
stehen , die durch die Straße von Gibraltar wieder aus dem Mittelnieere 
hinausstießt, und die sich beständig ansammelnden Salzstoffe wieder weiter 
gibt. Wir kennen mehrere Facta, welche diese Ansicht bedeutend unter¬ 
stützen. Dr. Macmichael behauptet auf die Aussagen des englischen 
Consuls in Valencia: daß vor einigen Jahren zu Ceuta an der afrikani¬ 
schen Küste ein Schiff untergegangen sey, dessen Wrack nachher bei Tarissa, 
also am europäischen Ufer, an's Land geworfen worden wäre. Das merk¬ 
würdigste Beispiel aber ist dasjenige, welches Dr. Hudson anführt. Im 
Jahr 1712 brachte nämlich de Lai gl e mit dem „Phönir" ein hollän¬ 
disches Schiff in der Mitte der Meerenge zwischen Tarissa und Tanger 
auf und bohrte es mit einer vollen Geschützladung in den Grund. Wenige 
Tage nachher erhob sich dieß Schiff wieder in der Höhe von Tanger, 
wenigstens 4 Stunden westlich von dem Orte, wo es versunken war. 
Es mußte daher in einer, der obern Strömung gerade entgegengesetzten, 
Richtung geschwommen sey. 
Das Vorhandenseyn von salziger Materie im Ocean ist von bedeutendem 
Gewicht für den allgemeinen Haushalt der Natur. Als eine der merk¬ 
würdigsten Wirkungen dieser Einrichtung müssen wir den Umstand anführen, 
daß der Gefrierpunkt des Wassers dadurch tiefer gestellt und das Streben 
nach Verdunstung gemindert wird, während eö zugleich eine größere Taug¬ 
lichkeit zur Erhaltung aller Vorräthe für das animalische Leben erhält.
	        
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