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Zweites Kap. Religion. 
Bei der großen Ausbreitung dieser fanatischen Partei war jedoch ihre 
gänzliche Ausrottung schwer. Siebenzig Bischöfe hatten ursprünglich für Ma¬ 
jorin und Donatus sich erklärt. Ihre Anzahl stieg nachmals auf vierhundert, 
und über alle Provinzen des römischen Afrika waren ihre Anhänger zerstreut. 
Einheimischer Zwiespalt schwächte sic später, und gab sic der Verfolgung der 
Katholiken, welche zumal Honorius schärfte, preis. Aber in den inneren, 
wilderen Gegenden des Landes blieben sie noch immer vorherrschend; und ihr 
unversöhnlicher, durch fortwährende Mißhandlungen genährter Haß gegen ihre 
harten Mitbürger, der sie jeden Fremden als einen Erretter betrachten ließ, 
erleichterte Genfer ich's Eroberung durch thätigc Hilfe. Auch unter der 
vandalischen Herrschaft und nachmals unter der 'erneuerten Gewalt der Kaiser 
erlosch die erbliche Erbitterung nicht. Sic begünstigte die Forschritte der 
Sarazenen, und erst der gemeinschaftliche Ruin der katholischen, wie der 
schismatischen Kirchen stellte den Frieden her. 
§. 11. Kczereien über die Dreieinigkeit und Menschwerdung. 
Einleitung. 
Wir gehen zu denjenigen Kezereien über, welche theils wegen ihres Ge¬ 
genstandes — da sie die allerhciligsten Dogmen betreffen —, theils wegen des 
Eifers, womit sie verhandelt wurden, und der ausgebreiteten, dauernden 
Folgen, die sic hervorbrachten, für uns die wichtigsten sind. Die überschweng¬ 
lichen Geheimnisse der göttlichen Dreieinigkeit und der Menschwer¬ 
dung Christi, worüber heut zu Tage der größte Theil der Christenheit, 
zumal die abendländischen, sonst getrennten Kirchen in übereinstimmen¬ 
dem Glauben, ja viele Bekenner selbst in sorgloser Unwissenheit ruhen, sind 
eS, welche die alte Kirche und durch sie den Staat ein halbes Jahrtausend 
hindurch in die heftigste Bewegung sezten, und zulezt der Grund von mehr 
als einer bleibenden Spaltung wurden. 
Sobald die christlichen Religionslehrer, nicht zufrieden, das große Ge- 
hcimniß der Dreieinigkeit Gottes also, wie es in ihren heiligen Büchern ent¬ 
halten ist, mit gläubiger Unterwerfung anznbeten, zugleich die Tiefen desselben 
ergründen, das Unbegreistiche durch anmaßliche Erklärung dem Verstände er¬ 
kennbar machen wollten, war cs wohl natürlich, daß sie entweder durch sinn¬ 
liche Vorstellungen, durch Hcrabzichung des Unendlichen zum Endlichen das 
erste entweihten, oder bei dem vergeblichen Versuche, mit den Schwingen des
	        
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