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Zweites Kap. Religion. 
sich dieselben als völlig gleich an Würde und Kraft, oder eines dem ande- 
rcn untergeordnet denkt. 
§. 12. Arius. 
Solches Schwanken der Begriffe entstand in der christlichen Kirche, so¬ 
bald und in dem Maße, als die älteste Einfalt des Glaubens von einer ge¬ 
lehrten Theologie verdrängt ward. Schon in der ersten Hälfte des dritten 
Jahrhunderts behauptete No eins zu Smyrna eine so innige Vereinbarung, 
ja Identität der drei Personen, daß die Menschwerdung, die Leiden und 
der Tod des Sohnes auch vom Vater wahr seyn müßten (daher der Name 
Patripassianer). Bald nachher trug Sabellius in Ptolemais, des Noetns 
Schüler, die ähnliche Lehre vor, daß Vater, Sohn und Geist nur drei ver¬ 
schiedene Benennungen desselben Wesens, nach dessen verschiedenen Grund- 
kräften oder Eigenschaften, seyen. Aber beide Kezcreicn erloschen bald, wie 
Feucrbrände, die aus einen Boden ohne bereiten Zündstoff fallen. 
Desto thätiger und auf längere Zeit cntglühte die, gleich nach der sieg¬ 
reichen Erhebung des Christenthums, durch Arius, Presbyter in Alexandrien, 
angefachte Flamme. Dieser sonst würdige, tadellose, gelehrte Priester erhob 
sich gegen die von seinem Bischose, Alexander, im Kanzelvortrage über die 
durchaus gleiche Dreieinigkeit und zumal über die Ewigkeit des Logos ge¬ 
äußerten Grundsäze, welche ihm, je nach dem sie gedeutet würden, zum Tri- 
theismus oder zum Sabcllianismns zu führen schienen. Er selbst behauv- 
tcte, der Logos sey durch den freien Willen des Vaters erzeugt, demnach 
— wiewohl von dessen Geist erfüllt und ein Ebenbild von des Vaters Herr¬ 
lichkeit — doch demselben untergeordnet und sein Daseyn, wiewohl längst 
vor dem Daseyn aller Welten beginnend, dennoch nicht von Ewigkeit. 
Alexander, nach einigem Wanken, sprach über den kühnen Priester den 
Bannfluch aus. Aber viele Bischöfe, zumal in Asien, bekannten sich zu der 
Lehre des Geächteten, und mehrere Provinzial-Synoden verwarfen die Be¬ 
schlüsse Alexanders. 
Constantin M., in dessen Gemüthe noch abwechselnd die heidnische To¬ 
leranz und der Kczereifer seiner christlichen Lehre herrschten, suchte den furcht¬ 
bar zunehmenden Streit anfangs durch versöhnende Episteln und Abgeordnete 
zu schlichten, und schrieb, als seine gute Absicht an der Leidenschaft der Prä¬ 
laten scheiterte, ein allgemeines Concilium — das erste in der christ-
	        
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