24 Viertes Kap. Allgemeinste Gestalt der Welt. 
Jahrhunderte hindurch ward derselbe gekämpft, mit allen Waffen, welche die 
gegenseitige Stellung Beiden darbot, aber mit entschiedener Uebcrlcgenheit 
des Papstes, als welcher nicht nur durch den Donner des Bannes eine fana¬ 
tische Welt erschreckte, sondern auch die irdischen Interessen der Freiheitsliebe, 
des persönlichen Hasses, der Ehrsucht und Herrschbegierde gegen die Kaiser 
aufregte, schirmte, und als dienstbare Werkzeuge benüzte. Daher geschah, 
daß, als die sächsischen Kaiser durch wiederholte, theuer erkaufte Siege die 
Herrschaft scheinbar befestiget, der fränkische Heinrich (III.) dieselbe auch 
ausgeübt hatte, schon des Lezteren Sohn schmachvoll und kläglich dem un¬ 
gleichen Kampfe erlag, die heldenmüthigcn Hohenstaufen aber, nach langem 
glorreichen Widerstände, das traurigste Ende nahmen, ihren Nachfolgern im 
Reiche ein warnendes Beispiel; also daß nach ihnen Keiner mehr die NeichS- 
rechte gleich eifrig zu behaupten wagte, und das Königreich Italien zum vcr- 
altertcn Titel, das römische Kaiscrthum aber zum fast bedeutungslosen Namen 
herabsank. In dem vergeblichen Ringen nach wälscher Hoheit aber hatten 
die Kaiser nicht nur die teutsche Nationalkraft vergeudet, sondern auch ihr 
eigenes Ansehen in Teutschland dem feilen Beistände ihrer Vasallen zum Opfer 
gebracht. Ihre Herrschaft selbst über dieses Teutschland war beinahe zum 
blosen Ehrenrange geworden, und am Ende des Zeitraums ist — während 
einzelne teutsche Fürsten an selbstständiger Macht den Königen ähnlich sind — 
der teutsche Staatskörper, als welcher der gemeinsamen Seele, der 
energischen Centralkraft ermangelt, auf der politischen Wagschale wenig be¬ 
deutend mehr. 
§. 7. Italien. 
Dasselbe Verhältniß zwischen Kaiser und Papst ward auch zur politischen 
Gestaltung Italiens der vorzüglichste Grund. Dieses Land hatte sich frühe 
der Herrschaft der Karolinger entzogen; einheimische Große wagten cs, nach 
der königlichen, selbst nach der Kaiserkrone zu greifen. Aber zu uneinig im 
Innern, konnte Italien der Macht des Auslandes sich nicht erwehren. Nach 
blutigen Umwälzungen und wcchselvollem Kampfe verschwanden die meisten 
der aus der Zersplitterung des karolingischen Erbes hervcrgcgangencn Fürsten- 
thümer, und Italien huldigte den Teutschen. Wohl würden auch ohne den 
Papst Nationalhaß und Lehens-Anarchie diese Bande wieder zerrissen haben, 
aber die Fehde zwischen Thron und Altar begünstigte, beschleunigte die Zer¬ 
reißung, und gab der neuen Ordnung der Dinge Bestand und Charakter.
	        
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