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"VIII. Das Papstthum.
seinem Ansehen im Ganzen wenig schadete. Es war dar¬
nach, als wieder Bessere auf „den heiligen Thron" stiegen,
nur desto mehr gewachsen.
Indessen ein völliges Uebergewicht über die
weltlichen Herrscher hatten die Päpste bisher noch
nicht erlangt, auch noch nicht beansprucht, wenn vielleicht
schon heimlich begehrt und erstrebt. Am wenigsten er¬
schienen sie als Oberherrn zu den deutschen Kaisern;
vielmehr haben wir eben bei der Geschichte des letz¬
ten, von dem ich berichtet, eher daß Gegen-
theil wahrgenommen. (S. 247.)
Aber nicht lange darauf trat in einem ganz unge¬
wöhnlichen Manne das Papstthum mit dem vollen
A n s p r n ch e der O b m a ch t über a l l e G e w a l t e n der
Erde offen und siegreich hervor.
§ 1.
Hildebrand.
Dieser Mann hieß von Hans ans Hildebrand und
war der Sohn eines Handwerkers von Saona im Tos-
caniscken. Er lebte zuerst als strenger Mönch und Oberer
im Kloster Clügny in Frankreich, a. 1049 ward er
wegen seiner hervorragenden Eigenschaften nach Rom ge¬
zogen. Er hatte von Natur einen in seltenem Maße
großen und starken Geist, und dieser machte sich
geltend. 24 Jahre lang war es vornehmlich sein Rath,
welcher die Entschließungen und Unternehmungen der
Papste leitete. Und sein Hauptstreben gieng jetzt schon
aus erhöhte Macht des römischen Stuhles hin.
Noch unter Nicolaus U. (1059) wurde auf seinen
Betrieb eine neue Bestimmung über die Papstwahl ge¬
troffen, um sie allein weltlichen Einflüsse zu entziehen.
Bisher war es üblich gewesen, daß die gesammte römische
Geistlichkeit im Vereine mit deni römischen Adel und Volke
den Papst wählte, den dann der Kaiser als Oberlehns¬
herr über Italien bestätigte. Jetzt wurde festgesetzt, daß
nur die Kardinäle oder vornehmsten Geistlichen