VII. Deutschland. A. Staaten des Norddeutschen Bundes.
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keinen Vortheil mehr gewährte, und 1630 hörte diese große Verbindung gänzlich
auf. Nur Hamburg, Bremen und Lübeck blieben noch im Bündniß mit
einander und führen noch jetzt den Namen hanseatischer Städte. Das Sinken
der Hansa war auch der Untergang von Lübecks Größe, welches, minder
günstig gelegen als die beiden anderen, seinen alten Wohlstand nie wieder
erringen konnte. In neueren Zeiten ist Lübeck von mannigfaltigem Unglück
betroffen worden. Als 1806 nach der Schlacht bei Jena die Trümmer
des preußischen Heeres, von der Uebermacht gedrängt, sich unter Blüchers
Führung endlich in Lübeck warfen, ward die Stadt am 6. November durch
Sturm von den Franzosen eingenommen und mit beispielloser Wuth behan¬
delt. Sie blieb von den Franzosen occupirt, welche wegen der Continental-
sperre den Handel hemmten und zugleich große Geldopfer von den nah¬
rungslosen Bewohnern erpreßten. 18IO wurde Lübeck dem Appartement
der Elbmündungen des französischen Kaiserreichs einverleibt und dadurch
großes Elend über dasselbe gebracht. Im Frühling 1813 wurde die Stadt
von den Russen auf kurze Zeit befreit; sie stellte ihre alte Verfassung wie¬
der her und sandte ihre jungen Männer in den Freiheitskampf. Nach der
Rückkehr der Franzosen wurde sie außer dem Gesetze erklärt und auf das
Furchtbarste durch Strafcontributionen und Requisitionen heimgesucht, bis
ihr gegen Ende 1813 durch die heranrückenden Schweden ihre Freiheit und
Selbstständigkeit dauernd wiedergegeben wurde.
Die Regierung ist in den Händen eines aus 14 Mitgliedern beste¬
henden Senates. Die Bürgerschaft besteht aus 120 aus sämmtlichen Bür¬
gern der Stadt und des Gebietes gewählten Mitgliedern. Ein aus der
Mitte derselben gewählter Bürgeransschuß von 30 Personen entscheidet über
minder wichtige Angelegenheiten und hat die vom Senate an die Bürger¬
schaft zu langenden Anträge zu begutachten.
Die Stadt Lübeck, welche nebst ihren Vorstädten (1867) 37,000
größtenteils lutherische Einwohner hat, liegt mit ihrem Gebiete zwischen
Meklenburg, Lauenburg, Holstein, dem Fürstenthum Lübeck und der Ostsee,
auf einem Hügel zwischen der Trave und Wacknitz. Durch die in die
Trave mündende Steckenitz und die Verbindung der letzteren mit der Del.
venau vermittelst eines 1391 —1398 angelegten Canals, ist eine Wasser¬
verbindung mit der Elbe hergestellt. Die Stadt hat geräumige Straßen
mit zum Theil alterthümlicheu Häusern. Unter den Gebäuden zeichnen sich aus,
das Rathhaus, theilweise im 14. Jahrhundert erbaut, darunter der geräumige
Ralhsweinkeller, die Marienkirche mit 430' hohen Thürmen, zwei Orgeln,
vielen Kunstschätzen, einer astronomischen Uhr und einem Todtentanz; die
Domkirche mit sehenswerthen Alterthümern unfc den Begräbnissen der lübeck-
scheu Bischöfe. Die Wälle der Stadt sind theils abgetragen, theils mit
parkartigen Anlagen versehen. Lübeck hat reich dotirte Wohlthätigkeitsan¬
stalten, darunter das St. Johannis-Jungfrauenkloster, das Hospital zum
heiligen Geist, das Waisenhaus. Die Gesellschaft zur Beförderung gemein¬
nütziger Thätigkeit erhält viele von ihr gegründete Institute, z. B. eine
Rettungsanstalt für iin Wasser Verunglückte, eine Spar- und Anleihekasse,
einen Verein für lübecksche Geschichte unv Alterthumskunde, einen Verein für
lübecksche Statistik, ein Schullehrerseminar, eine Industrieschule, eine Ge¬
werbeschule, zwei Kleinkinderschulen, eine Taubstummenanstalt, eine Turn-
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