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wache stürzt und auch diese zur Ergebung zwingt. Allein
das genügt ihm nicht, und ihm kommt der Gedanke: Wie,
wenn du die Festung überrumpeln könntest! Gedacht, gethan!
Schnell sprengt er, durch Schwingung eines weißen Tuches
sich als Parlamentair ausgebend, dem Festungsthore zu, reitet
hinein, läßt sich zum Commandanten führen und fordert von
ihm, um unnützes Blutvergießen zu vermeiden, im Namen des
Kronprinzen die Uebergabe der Festung. Der Commandant
bittet um 24 Stunden Bedenkzeit. Nach Ablauf deren gelangt
von höherer Stelle an ihn die Weisung, die Festung zu halten,
wonach der Offizier, sich in's Fäustchen lachend, still von dannen
reitet. — Wenden wir uns von diesem Einzelfall wieder zum
Ganzen.
Um die Preußen vom Vordringen auf Wien, welches Zeit
gewinnen wollte, sich weiter zu befestigen und zu seiner Ver¬
theidigung die Süd-Armee heranzuziehen, abzulenken, wandte
sich Benedek mit seiner total geschlagenen, muthlosen Armee
nach der Festung Olmütz. König Wilhelm jedoch befahl, daß
nur die zweite Armee Benedek verfolgen sollte, während die
erste Armee über Brünn und die Elb-Armee über Iglau un¬
verzüglich auf's Herz Oesterreichs vordringen sollte.
Während dies geschah, bemächtigte sich am 8. Juli ein
von Sachsen herbeigezogenes preußisches Reserve - Corps von
8000 Mann Prags, welches die Oesterreicher, da sie es
doch nicht halten konnten, aufgegeben hatten. Der Statthalter
und die Beamten waren geflohen und eine Deputation von
Bürgern, der Cardinal-Erzbischof Fürst Schwarzenberg an der
Spitze, begrüßte die Einziehenden als Beschützer der Stadt
vor den sich hier geltend machenden Unordnungen und bat um
möglichste Schonung Prags. Hierbei fielen den Preußen
20 Locomotiven, gegen 2000 Eisenbahnwagen, gefüllte Maga¬
zine und viel Armee-Material in die Hände, und stolz flatterte
die preußische Fahne auf der kaiserlichen Hofburg, dem Hrad-
schin, in welchem der Commandant mit seinem Generalstabe
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