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sogenannten mechanischen Lesen sinnloser Silben und
kahler Wörter und dann erst zum verständigen, als
ob man auch eine Zeitlang ein Lesen ohne Verstand
sanctioniren dürfe. Denn gibt man Solches nicht durch
eine Trennung, wie die: a mechanisches 'und b ver¬
ständiges Lesen zu erkennen? Sobald es heißt: du
sollst lesen: so muß der Schüler auch auf den Zweck
des Lesens aufmerksam gemacht werden, so daß er mit
Bewußtsein die Thätigkeit verrichte und sich wol merke,
was ein Anderer mittelst sichtbarer Zeichen zu ihm
rede. Aber will man erst einige Jahre ein sogenann¬
tes mechanisches Lesen, so heißt das nicht nur dem
menschlichen Geiste Hohn sprechen und das Kind zu
einer Maschine herabwürdigen, sondern ist zugleich die
beßte Art und Weise, die Kinder der Volksschule —
nicht an uns und ähnliche Leut' gedacht — methodisch
dahin zu führen, daß sie nicht lesen lernen. Oder
opponirt etwa die Erfahrung gegen meine Behauptung?
— Ja, wenn solch' Lesen lesen heißt! Und wie in
aller Welt kann man im 4ten Schuljahre verlangen,
daß das Kind mit Verstand lesen soll, wenn wir sel¬
biges 3Jahre lang darin geübt haben, ohne Verstand
zu lesen? Übung macht den Meister. Daher die Bän¬
kelsängerei in vielen Schulen, die man lesen nennt.—
Also nochmal, das Schulbuch soll die Kinder zunächst
zum Lesen führen, und in so fern ein Lesebuch sein.
Dann soll es durch das Lesen die Kinder in ihre
Muttersprache einführen, und in so fern ein Sprach-