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Der Rudi winkt nun dem Betheli ans der Stube und sagt: 
!Gieb ans die Großmutter Acht! und wenn ihr etwas begegnet, so 
schicke das Anneli mir nach; ich werde bei dem Maurer sein.' 
Rudi nahm jetzt den Kleinen an die Hand und gieng mit 
ihm. Gertrud war allein bei Hanse, als sie kamen, und sah bald, 
daß der Vater uni) der Knabe Thränen in den Angen hatten. 
Was willst bu, Nachbar Rudi? warum weinest du? warum weint 
der Kleine?' fragte sie liebreich und bot dem Kleinen die Hand. 
<Ach, Gertrud, ich bin im Unglück,' antwortete Rudi. <Jch 
muß zu dir kommen, weil der Nudeli end) etlichemal ans euerer 
Grube Erdäpfel genommen hat. Die Großmutter hat es gestern 
gemerkt, und er hat es ihr bekannt. Verzeih es uns, Gertrud! 
Die Großmutter ist auf dem Todbett; ach, mein Gott! sie hat so 
eben Abschied von uns genommen. Ich weiß vor Angst und Sor¬ 
gen nicht, was ich sage. Gertrud, sie läßt dich auch um Ver¬ 
zeihung bitten. Es ist mir leid, ich kann sie dir jetzt nicht zurück¬ 
geben; aber ich will gerne ein paar Tage kommen und dir dafür 
arbeiten. Verzeih es uns! Der Knabe hat es ans dringendem 
Hunger gethan.' 
Gertrud. Schweig einmal bievon, Rudi! Und du, lieber 
Kleiner, komm, versprich mir, daß du niemanden etwas mehr neh¬ 
men wollest.' Sie küßt ihn und sagt: ^Dll hast eine brave Gro߬ 
mutter; werde doch auch so fromm und brav wie sie!' 
Nudeli. Verzeihe mir, Frau! ich will, weiß Gott, nicht mehr 
stehlen. 
Gertrud. Nein, Kind, thue es nicht mehr! Du weißt jetzt 
noch nicht, wie elend lind unglücklich alle Diebe werden. Thue 
es doch nicht mehr! lind wenn dich hlillgert, so komm lieber zu 
mir, lind sage es mir; wenn ich sann, will ich dir etwas gebeil. 
Rlidi. Ich danke Gott, daß ich jetzt bei der Kirche zll ver¬ 
dienen habe, lind hoffe, der Hunger werde ihn mm auch nicht 
mehr zll so etwas verleiten. 
Gertrlid. Es hat mich lind meinen Manii gefreut, daß der 
Junker mit dem Verdienst allch an dich gedacht hat. 
Nlidi. Ach, es freut mich, daß die Mlltter noch diesen Trost 
erlebt hat. Sage doch deinem Manne, ich wolle ihm ehrlich lUld 
treu arbeiten und früh uub spät sein, und ich wolle mir die Erd¬ 
äpfel doch auch herzlich gern am Lohn abziehen lassen. 
Gertrud. Davon ist keine Rede, Rudi; mein Mann thlit das 
gewiß nicht. Wir sind, gottlob,, durch den Ball jetzt auch er¬ 
leichtert. Nlldi, ich will mit dir zu deiner Mutter gehen, wenn es 
so schlimm ist. 
Sie füllt dem Nudeli seinen Sack mit dürrem Obst und sagt 
ihm noch einmal: ^Du Lieber, nimm doch niemanden etwas mehr!' 
und geht dann mit dem Rudi zu seiner Mutter. Und als er unter 
einem Nußbaum Laub zusammenlas, die Decke ihres Bettes besser 
Colshorn u. Goedeke'S Lesebuch II. JO
	        
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