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teten, die jetzt beide Seiten des Zimmers einnahm. Dieses Tischzeug 
wurde dicht an unsere Knie gelegt. Nunmehr brachte man ein Stück 
dünnes Brod oder Kuchen und legte es vor jeden Gast hin, damit er 
sich desselben als Teller und Serviette bedienen möchte. Darauf setzte 
man zwischen je 2 Personen ein muldenförmiges Gefäß, welches fol¬ 
gende Speisen enthielt: 2 Napfe mit Scherbet (Seite 118 Band I.), 
zu jedem gehörte ein hölzerner Löffel von feiner und schöner Arbeit; ein 
Paar Schüsseln Pillau, der aus Reiß bestand, mit Öl oder Butter, 
gekochtem Geflügel, Rosinen und Safran; 2 Teller mit zerschnittenen 
Melonen; 2 andere mit einem Dutzend Kabbobs oder Stücken tro¬ 
ckenen und gebratenen Fleisches und eine Schüssel mit einem gebrate¬ 
nen Huhn. Als die ganze Gesellschaft längs des ausgebreiteten Kat¬ 
tuns auf gleiche Art versorgt war, gab der Wirth das Zeichen darüber 
herzusallen. Diesen Befehl schien man buchstäblich zu verstehen; denn 
jeder Rücken bog sich, jedes Gesicht rückte dicht an den Angriffspunkt 
und jeder Kinnbacken war augenblicklich in Bewegung. Hierbei bewies 
man eine außerordentliche Geschicklichkeit; mit der rechten Hand langte 
man den Pillau oder jede andere Speise zu und schob sie fast in dem¬ 
selben Augenblicke in den Mund. Diese rechte Hand, (denn der linken 
bedienen sich die Perser nicht bei dem Essen) verrichtete wahrend der 
Mahlzeit das Geschäft zweier; denn keinen Augenblick ruhte man beim 
Essen, sondern führte ununterbrochen Fleisch, Melonen, Scherbet rc. 
aus der Schüssel nach dem Munde. Ich gestehe, daß ich nie in 
meinem Leben eine stillere Mahlzeit gesehen habe, so wie auch keine, 
wo das Kauen so hörbar gewesen wäre. Mir kam die Gesellschaft wie 
eine Reihe gewisser vicrfüßiger Thiere vor, die mit ihren Köpfen nicht 
weiter von ihren Trögen sind, als die unserigen von ihren Schüsseln 
waren. Nach der Mahlzeit wurde ein mit Silber plattirter Krug mit 
einer langen Röhre nebst einem Becken von eben demselben Metall 
jedem Gaste rund herum von einem Bedienten gebracht, der aus dem 
Kruge Wasser auf unsere rechte Hand goß, welche wir nach der Reihe 
über das Becken hielten, wahrend jedermann seinen Bart von den 
Überbleibseln der Mahlzeit reinigte. Statt des Handtuchs mußten wir 
uns unserer Schnupftücher bedienen. Alsdann folgte ein Kaliun mit 
Thee und machte den Beschluß des Gastmahls." 
In Beziehung auf das gesellschaftliche Leben überhaupt und auf 
das Benehmen der verschiedenen Stande gegen einander findet man in 
Persien schon den Anfang jener feierlichen und ängstlichen Gebrauche, 
welche wir weiter nach Osten hin, in Hinterindien, China und Japan 
auf den höchsten Grad gesteigert sehen. Der junge Mann wird schon 
frühzeitig in keiner Sache so angelegentlich unterrichtet, als in der Kom- 
plimentirkunst. Das Verhältniß der Unterordnung ist zwischen Mini¬ 
ster und Schah so streng durch das Eeremoniell ausgesprochen, als 
zwischen dem Sklaven und seinem Herrn. So wie der Sohn nie vor 
seinem Vater, so darf auch der vornehmste Mann im Reiche, selbst
	        
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