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Getreide ist reif, sieh zu, dass du deine guten Prèunde bekommst, 
gehe morgen mit ihnen heraus und schneid es!“ Als solches die 
jungen Lerchen hörten, erschraken sie auf den Tod, und als die 
UMutter heimkam vom Vuttersuchen, erzählten sie es ihr und sagten: 
„MNir müssen wandern.“ Aber die Mutter sagte: „Sollen die guten 
Freunde Kommen, so hat's noch Keine Eile.“ Nach etlichen Lagen 
kam der Hausvater wieder, und da er den Acker noch ungeschnitten 
fand, ward er ungeduldig und sprach zum Sohne: „Bestelle auf 
morgen die Verwandten, Vettern und Schwäger; denn der Scker muls 
geschnitten werden.“ Wiederum sagten es die jungen Lerchen ihrer 
Mutter, diese aber erwiderte: „Sollen die Verwandten kommen, so hats 
noch keine Eile.“ Zum drittenmal Kam der Hausherr, und da er das 
Getreide noch stehen sah, sagte er: „Ieh sehe wohl, heutzutage darf 
man sich nicht auf Freunde und Nachbarn, Bekannte und Verwandte 
verlassen; das Getreide wird uüberstandig, siehe, dals du für mich und 
dich eine Sichel bekommst, so wollen vir selber daran und morgen, 
will's Gott, den Anfang machen“. Als die jungen Lerchen dies wie 
der ihrer Nutter erzählten, sagte sie: „Kinder, jetzt wird's ernst; 
der Vater und der Sohn werden nicht ausbleiben wie die Freunde 
und Verwandten, nun ist's Zeit zu wandern.“ 8So warteten sie nicht 
bis zum kommenden Morgen, sondern am selben Abend noch zogen 
gie von dannen. Oaspari, „Geistliches und Weltliches.“ 
20. Das kosthare Kräutlein. 
Zwei Mägde, Brigitte und Wallburg, gingen der Stadt zu, und 
jede trug einen schweren Korb voll Obst auf dem Rücken. Brigitte murrte 
und seufzte beständig; Wallburg aber lachte und scherzte nur. 
Brigitte sagte: „Wie magst du doch lachen? Dein Korb ist ja 
so schwer wie der meinige, und du bist um nichts stärker als ich. — 
Wallburg sprach: Ich habe ein gewisses Kräutlein zur Last gelegt, und 
so fühle ich sie kaum. Mache es auch sol“ — „Ei,“ rief Bugitte, „das 
muß ein kostbares Kräutlein sein. Ich möchte mir meine Last damit auch 
gern erleichtern. Sag' mir doch einmal, wie es heißt?“ Wallburg ant— 
wortete: „Das kostbare Kräutlein das alle Beschwerden leichter macht, 
heißt — Geduld.“ 
Leichter träge, was er trägt, 
wer Geduld zur Bürde legt. 
Chr. v. Schmid. 
201. Gute Dienerschaft. 
1. Ich habe gute Dienerschaft, 
die Knechte heissen: Selbstgeschafft 
und Spãt·zu-Bett und Auf· bei Zeit, 
die Magde: Ordnung, Reinlichkeit.
	        
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