Full text: Nicolaisches Realienbuch

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Staates, ferner die Verwaltung des Post- und Telegraphenwesens und den 
Besitz von Rendsburg und des Kieler Hafens. Auf die Seite Preußens stellten 
sich die kleineren norddeutschen Staaten und Italien, während Österreich sich 
mit den süddeutschen Staaten, ferner mit Hessen, Hannover und Sachsen verband. 
Außerdem drängte das Verlangen nach einer Änderung des Deutschen 
Bundes zu einer kriegerischen Entscheidung, so daß 1866 der Krieg gegen 
Österreich unvermeidlich wurde. Preußen stellte gegen Österreich drei 
Armeen aus, die unter dem Prinzen Friedrich Karl (in der Lausitz), unter dem 
Kronprinzen Friedrich Wilhelm (in Mittelschlesten) und unter dem General 
Herwarth von Bittenseld (die Elbe auswärts) in Böhmen eindrangen. Die Main¬ 
armee endlich gegen die nord- und süddeutschen Staaten stand unter Vogel von 
Falckenstein und Mantenffel. Den Oberbefehl übernahm König Wilhelm; 
zum Chef des Großen Generalstabes wurde Moltke ernannt. Die österreichische 
Nordarmee stand unter dem Oberbefehl des Generals Benedek. Nach mehreren 
heißen Gefechten bei Trautenan, Nachod, Skalitz, Gitschin kam es am 3. Juli 1866 
unter Vereinigung der drei preußischen Armeen zur Entscheidungsschlacht bei 
Königgrätz, die zu grinsten Preußens ausfiel (Begegnung König Wilhelms und 
des Kronprinzen ans dem Schlachtselde). Ans dem westlichen Kriegsschauplätze 
lieferten die hannoverschen Truppen den preußischen bei Langensalza ein heißes 
Treffen, während die süddeutschen Truppen in mehreren Gefechten (Kissingen, 
Aschaffenburg) durch die Mainarmee unter Vogel von Falckenstein besiegt wurden. 
Ans dem Kriegsschauplätze in Italien waren die Österreicher glücklicher; sie er¬ 
rangen den Sieg bei Custozza und den Seesieg bei Lissa (im Adriatischen 
Meer). Im Frieden Zn Prag gab Kaiser Franz Joseph seine Zustimmung 
zur Auslösung des Deutschen Bundes und zur Neugestaltung Deutschlands ohne 
Österreich. Ferner trat Österreich alle Rechte über Schleswig-Holstein an 
Preußen ab und zahlte 20 Mill. Taler Kriegskosten. Italien erhielt Venetien 
und kam so seiner Einigung wieder einen bedeutenden Schritt näher. Schles¬ 
wig-Holstein, Hannover, Knrheffen, Nassau und die freie Stadt Frankfurt a. M. 
wurden Preußen einverleibt und daraus drei neue Provinzen gebildet. Der 
glückliche Ansgang des Krieges führte auch eine Aussöhnung zwischen Regierung 
und Volksvertretung herbei. 
d) Die Gründung des Norddeutschen Bundes. Als weitere Folge des 
Deutsch-österreichischen Krieges schloß Preußen mit den norddeutschen Staaten 
zunächst einen Bündnisvertrag, der zur Gründung des Norddeutschen Bundes 
führte (22 Bnndesmitglieder; Österreich blieb ausgeschlossen). Nach dem Zu¬ 
sammentritt des Norddeutschen Reichstages, der sich ans Abgeordneten aller 
norddeutschen Staaten zusammensetzte, wurde eine Verfassung des Bundes 
vereinbart. Aus Grund derselben führte der König von Preußen den Vorsitz 
im Bunde. Er hatte den Bund in allen Angelegenheiten mit anderen Staaten 
zu vertreten und ernannte die Gesandten. Ferner war er ermächtigt, im 
Namen des Bundes Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, ebenso 
Verträge und Bündnisse zu vereinbaren. Die Gesetzgebung des Bundes sollte 
von dem Bundesrat, der ans Vertretern der norddeutschen Regierungen 
gebildet wurde (zusammen 43 Stimmen), und dem Reichstag ausgeübt werden.
	        
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