102
Staates, ferner die Verwaltung des Post- und Telegraphenwesens und den
Besitz von Rendsburg und des Kieler Hafens. Auf die Seite Preußens stellten
sich die kleineren norddeutschen Staaten und Italien, während Österreich sich
mit den süddeutschen Staaten, ferner mit Hessen, Hannover und Sachsen verband.
Außerdem drängte das Verlangen nach einer Änderung des Deutschen
Bundes zu einer kriegerischen Entscheidung, so daß 1866 der Krieg gegen
Österreich unvermeidlich wurde. Preußen stellte gegen Österreich drei
Armeen aus, die unter dem Prinzen Friedrich Karl (in der Lausitz), unter dem
Kronprinzen Friedrich Wilhelm (in Mittelschlesten) und unter dem General
Herwarth von Bittenseld (die Elbe auswärts) in Böhmen eindrangen. Die Main¬
armee endlich gegen die nord- und süddeutschen Staaten stand unter Vogel von
Falckenstein und Mantenffel. Den Oberbefehl übernahm König Wilhelm;
zum Chef des Großen Generalstabes wurde Moltke ernannt. Die österreichische
Nordarmee stand unter dem Oberbefehl des Generals Benedek. Nach mehreren
heißen Gefechten bei Trautenan, Nachod, Skalitz, Gitschin kam es am 3. Juli 1866
unter Vereinigung der drei preußischen Armeen zur Entscheidungsschlacht bei
Königgrätz, die zu grinsten Preußens ausfiel (Begegnung König Wilhelms und
des Kronprinzen ans dem Schlachtselde). Ans dem westlichen Kriegsschauplätze
lieferten die hannoverschen Truppen den preußischen bei Langensalza ein heißes
Treffen, während die süddeutschen Truppen in mehreren Gefechten (Kissingen,
Aschaffenburg) durch die Mainarmee unter Vogel von Falckenstein besiegt wurden.
Ans dem Kriegsschauplätze in Italien waren die Österreicher glücklicher; sie er¬
rangen den Sieg bei Custozza und den Seesieg bei Lissa (im Adriatischen
Meer). Im Frieden Zn Prag gab Kaiser Franz Joseph seine Zustimmung
zur Auslösung des Deutschen Bundes und zur Neugestaltung Deutschlands ohne
Österreich. Ferner trat Österreich alle Rechte über Schleswig-Holstein an
Preußen ab und zahlte 20 Mill. Taler Kriegskosten. Italien erhielt Venetien
und kam so seiner Einigung wieder einen bedeutenden Schritt näher. Schles¬
wig-Holstein, Hannover, Knrheffen, Nassau und die freie Stadt Frankfurt a. M.
wurden Preußen einverleibt und daraus drei neue Provinzen gebildet. Der
glückliche Ansgang des Krieges führte auch eine Aussöhnung zwischen Regierung
und Volksvertretung herbei.
d) Die Gründung des Norddeutschen Bundes. Als weitere Folge des
Deutsch-österreichischen Krieges schloß Preußen mit den norddeutschen Staaten
zunächst einen Bündnisvertrag, der zur Gründung des Norddeutschen Bundes
führte (22 Bnndesmitglieder; Österreich blieb ausgeschlossen). Nach dem Zu¬
sammentritt des Norddeutschen Reichstages, der sich ans Abgeordneten aller
norddeutschen Staaten zusammensetzte, wurde eine Verfassung des Bundes
vereinbart. Aus Grund derselben führte der König von Preußen den Vorsitz
im Bunde. Er hatte den Bund in allen Angelegenheiten mit anderen Staaten
zu vertreten und ernannte die Gesandten. Ferner war er ermächtigt, im
Namen des Bundes Krieg zu erklären und Frieden zu schließen, ebenso
Verträge und Bündnisse zu vereinbaren. Die Gesetzgebung des Bundes sollte
von dem Bundesrat, der ans Vertretern der norddeutschen Regierungen
gebildet wurde (zusammen 43 Stimmen), und dem Reichstag ausgeübt werden.