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gekehrt, stieg er als einer der tüchtigsten Offiziere des Generalslabes von
Stufe zu Stufe. Er leitete auch die militärische Ansbildung des Prinzen
Friedrich Wilhelm, des späteren Kaisers Friedrich, und wnrde 1858 vom
Prinzregenten, späteren König Wilhelm I., zum Chef (Scitcr) des General-
stabes ernannt. In dieser Stellnng erwarb er sich um die Ausbildung der
Osstziere große Verdienste. 1861 leitete er als Ehes des Generalstabes der
verbündeten Armee den Dänischen Krieg, dessen Feldzugsplan hauptsächlich sein
Werk war. Ebenso große Meisterschaft bewies Moltke in der Ausarbeitung der
Mobilmachnngs- und Feldzugspläne in den Kriegen 1866 und 1870—71, so
daß ihm das Hanptverdienst an den Erfolgen gebührt. Wegen seiner Verdienste
wurde er 1870 in den Grasenstand und 1871 zum Generalseldmarschall erhoben.
Als Mitglied des Reichstages und Herrenhauses diente Graf Moltke durch
seine militärischen Ratschläge dem Reiche in hervorragender Weise.
Trotz seiner Tüchtigkeit und Berühmtheit blieb Moltke schlicht und einfach;
er war sehr schweigsam, aber ein tiefer Denker (der „große Schweiger"). Unter
der Regierung Kaiser Wilhelms II. nahm er (1888) des hohen Alters wegen
seinen Abschied und lebte bis zu seinem 1891 erfolgten Tode teils auf seinem
Gute Kreisau bei Schweidnitz, teils in Berlin, wo er starb. Er wurde im
Erbbegräbnis in Kreisau ueben seiner Gemahlin beigesetzt. — Seine Verdienste
um Deutschland beruhen hauptsächlich in der Durchführung der Heeres-
verbesserungen, der Heranbildung eines tüchtigen Offizierskorps und in den
meisterhaften Entwürfen der Mobilmachnngs- und Feldzngspläne. (Denkmal
in Berlin dem Generalstabsgebäude gegenüber).
Kriegsminister Albrecht von Roon, der dritte der drei großen Zeit¬
genossen und Mitarbeiter Kaiser Wilhelms des Großen, wurde als Sohn eines
Rittergutsbesitzers 1803 zu Pleushagen bei Kolberg geboren. Er trat mit
18 Jahren als Offizier in die preußische Armee, besuchte mehrere Jahre die
Kriegsschule in Berlin und wurde 1835 in den Generalstab versetzt. Infolge
seiner Tüchtigkeit erhielt Roon nach einiger Zeit die militärische Ausbildung des
Prinzen Friedrich Karl übertragen, den er auch auf seinen Studienreisen be¬
gleitete. 1849 nahm er am badischen Feldzüge teil und wurde später durch
den Prinzregenten zum preußischen Kriegsminister ernannt (1859). Als
solcher verteidigte er zusammen mit dem Ministerpräsidenten Bismarck im
Abgeordnetenhanse den Plan der Heeresverstärkung und der Nenbewaffmmg.
Nach glücklicher Beendigung des Deutsch-französischen Krieges wurde Roon
in den Grasenstand erhoben und 1873 zum Generalseldmarschall und
preußischen Ministerpräsidenten befördert. Kurz darauf nahm er seinen
Abschied aus dem Staatsdienst und starb 1879 in Berlin. (Denkmal am
Königsplatz).
Kaiser Friedrich III.
1. Seine Erziehung. Kaiser Friedrich war der einzige Sohn Kaiser
Wilhelms des Großen und der Kaiserin Angnsta und wurde am 18. Oktober
1831 in Berlin geboren. Als dereinstiger Kronprinz erhielt er durch tüchtige
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